HaLT, das Präventionsprojekt gegen Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen, könnte jetzt auch in Lüneburg starten

Lüneburg. Wenn der Rausch verflogen ist, setzt nach heftigem Alkoholgenuss oft der Kater ein. Der Kopf schmerzt, der Magen rebelliert, jede Bewegung strengt an. Wer unter solchen Nachwehen leidet, ist nicht zu beneiden. Aber vielleicht wird ihm auch genau in dieser Situation bewusst, welches Verhalten für die Diagnose "akute Alkoholintoxikation" verantwortlich ist. Das hofft zumindest der Geschäftsführer des Diakonieverbandes der Kirchenkreise Lüneburg und Bleckede, Gabriel Siller, der in Lüneburg ein neues Präventionsprojekt anschieben will.

Das ist auch nötig, denn die Zahl der Jugendlichen, die trinken bis der Arzt kommt, ist in den vergangenen Jahren bundesweit erheblich gestiegen. Wurden im Jahr 2000 noch 9514 Jugendliche im Vollrausch ins Krankenhaus eingeliefert, waren es sieben Jahre später schon 23165.

Dieser Trend lässt sich auch in Lüneburg beobachten, auch wenn der Landkreis im landesweiten Vergleich einen Platz im unteren Mittelfeld einnimmt. Insgesamt 61 Jugendliche wurden in Lüneburg im Vorjahr volltrunken ins Klinikum eingeliefert.

Speziell für Mädchen und Jungen zwischen zwölf und 17 Jahren wurde das Präventionsprojekt HaLT entwickelt. Der Name des Projektes steht für "Hart am Limit" und wird seit 2009 unter anderem in Celle, Wolfenbüttel und Göttingen umgesetzt. Anders als präventive Projekte, die wichtige Aufklärungsarbeit leisten und vor übermäßigem Alkoholkonsum warnen, greift HaLT, wenn jemand mit einer Überdosis Alkohol ins Krankenhaus eingeliefert wird.

Eine wesentliche Rolle in dem Projekt spielen die Eltern der Betroffenen. Mit ihrer Zustimmung vermittelt die Klinik den Kontakt zu einem speziell geschulten Sozialpädagogen, der bei Bedarf sofort für Gespräche zur Verfügung steht. "Die Ärzte berichten, für viele Jugendliche sei es ein Schlag ins Kontor, wenn sie in einer Windel aufwachen und sich nicht mehr daran erinnern können, wie sie dort hin gekommen sind", sagt Gabriel Siller, der als Geschäftsführer der Lüneburger Suchthilfe-Einrichtung drobs Erfahrung auf dem Gebiet hat.

Direkt am Krankenbett hätten Experten Gelegenheit, die betroffenen Jugendlichen dafür zu sensibilisieren, wie sie künftig solche Situationen vermeiden können. Es geht ihm nicht darum, aus jedem Fall gleich auf ein Suchtproblem zu schließen, sagt Siller, sondern darum, das Ereignis als Warnschuss zu begreifen: "Wir wollen einfach erst einmal das Gespräch mit den Jugendlichen suchen." Mehrere hundert Jugendliche in Niedersachsen nahmen im vergangenen Jahr die Hilfe des Projekts in Anspruch. Und die Zahlen zeigen, die Betroffenen werden auch in Lüneburg immer jünger. Während 2009 zwei 14-Jährige im Klinikum der Hansestadt wegen Alkoholvergiftung stationär behandelt werden mussten, waren es ein Jahr später schon sechs Fälle.

Nach der Betreuung im Krankenhaus gibt es für die Jugendlichen keine Verpflichtung, weitere Angebote von HaLT zu besuchen. Ziel der Projektkoordinatoren sei es jedoch, gemeinsam die Auseinandersetzung mit dem Thema Alkohol fortzusetzen. Hinter dem sogenannten Risiko-Check verbergen sich erlebnisorientierte Gruppenausflüge wie zum Beispiel in den Klettergarten oder zum Tauchen, wo die Jugendlichen in der Praxis lernen sollen, den schmalen Grat zwischen Spaß und Risiko so abzuschätzen, dass sie selbst immer auf der sicheren Seite sind. Darüber hinaus kann jeder, der möchte über die Mitarbeiter Kontakte zu anderen Präventionsangeboten erhalten.

Damit das Projekt funktionieren kann, müssen verschiedene Einrichtungen und Organisationen eng zusammen arbeiten. Auch die Finanzierung wird auf mehrere Schultern verteilt.

Oliver Giebel, Sprecher der Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Niedersachsen, hält das Präventionsprojekt für sinnvoll. Jährlich 150 000 Euro trage die AOK. "Wir unterstützen HaLT seit 2009. Für uns ist die Qualität der Maßnahmen wichtig. Bei HaLT wird ausgebildetes und geschultes Personal eingesetzt, das hat Hand und Fuß."

Auch Angela Wilhelm, Sprecherin der Gesundheitsholding Lüneburg lobt das Projekt. "Die Psychiatrische Klinik Lüneburg, die auch zur Gesundheitsholding gehört, hat über die Hansestadt 4500 Euro an die Drogenberatungsstelle drobs gespendet, um das notwendige Beratungsangebot für Kinder und Jugendliche, die am Klinikum wegen Alkoholvergiftung behandelt werden mussten, zu ermöglichen."

Ob das Projekt demnächst auch in Lüneburg starten kann, entscheidet sich voraussichtlich im Februar. Politikern, der Klinikleitung und den Vertretern der Krankenkasse hat Gabriel Siller das Projekt bereits vorgestellt und traf auf positive Resonanz: "Allein wegen der offensichtlich stark gestiegenen Fallzahlen ist das Projekt notwendig."