Der Lösegraben nimmt das Hochwasser auf. Vorher stand die Innenstadt regelmäßig unter Wasser

Lüneburg. Zwar tritt die Ilmenau im Wilschenbruch über die Ufer, aber die Lüneburger Innenstadt ist sicher vor Überschwemmungen. Darauf weist die Stadtverwaltung im Zuge der Hochwassersituation hin. Denn Lüneburg besitzt einen Sicherheitskanal, der das überflüssige Wasser der Ilmenau aufnimmt: den Lösegraben. Bevor er gebaut wurde, standen die Häuser von Sand und Wasserviertel regelmäßig im Nassen.

Denn dass Lüneburg vor Fluten geschützt ist, war nicht immer so. Daran erinnert Stadtsprecherin Suzanne Moenck, die für ihre Recherchen zum Lösegraben in dem Buch von Werner H. Preuß über "Das Lüneburger Wasserviertel" nachgelesen hat. Dort wird der Spediteur Carl Ferdinand Heyn zitiert, "wie 1838 das Wasser aus der Ilmenau bis an den Sand stand, und wir in unserem Hause Auf dem Werder (...) auf der Hausdiele kleine Papierkähne schwimmen ließen".

Während diese Erinnerungen noch mit Spielen und ein bisschen Spaß verknüpft sind, hatte das Hochwasser acht Jahr zuvor weit dramatischere Auswirkungen, berichtet Suzanne Moenck: So zitiere Preuß die Lüneburgschen Anzeigen, die Flut habe zwei kleine Häuser in der Stadt bis auf den Grund weggeschwemmt und andere beschädigt, zudem die Wehre von Raths- und Lüner Mühle weggerissen.

Der damalige Stadtbaumeister August Maske ließ daraufhin den bisherigen Stadtgraben mit einem Schleusenwehr versehen und zu einem Kanal ausbauen. Der ursprüngliche kleine Lösegraben wurde zugeschüttet. Aus den Dämmen für Altenbrückertor- und Lünertorstraße wurden Brücken, die Stadtwälle wurden eingeebnet.

Wie der Lösegraben Lüneburg seitdem vor Hochwasser bewahrt, beschreibt Volker Schulz, Bereichsleiter Umwelt: "Der Lösegraben nimmt das Hochwasser auf und leitet es um die Innenstadt herum." Das funktionierte selbst bei dem Rekordhochwasser im Februar 1941, sagt Schulz. "Damals sind 230 Kubikmeter Wasser pro Sekunde auf die Stadt zugeflossen. So viel, als wenn jeder dritte Lüneburger in jeder Sekunde einen Zehn-Liter-Eimer Wasser ausschüttet. Normalerweise fließen acht bis zehn Kubikmeter pro Sekunde dort entlang." Doch die Innenstadt sei weitgehend verschont geblieben.

Das Lösegrabenwehr reguliert den Pegelstand der Ilmenau innerhalb der Stadt. Das hat laut Schulz den positiven Nebeneffekt, dass die Ilmenau auch im Sommer bei Niedrigwasser ausreichend Wasser führt, um die Mühlen für die Stromproduktion anzutreiben. "Dann fließt das meiste Wasser durch die Ilmenau und nur wenig durch den Lösegraben", sagt Schulz. Damit die Technik die Innenstadt weiterhin vor Wasser schützen kann, investierte Lüneburg nach Angaben von Suzanne Moenck zuletzt 2007 rund 130 000 Euro in Elektrik und Hydraulik des Wehrs.