Professor der Leuphana erforscht die Zukunft des Tourismus in der Region Lüneburg vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels

Lüneburg. Was bedeutet der Klimawandel für den Tourismus in der Lüneburger Heide? "Die Heide ist nicht so stark betroffen wie andere Ferienregionen. Zwei Grad mehr oder weniger spielen für den Touristen zunächst keine große Rolle. Aber wir werden die mittelbaren Auswirkungen der Veränderungen spüren, beispielsweise durch Veränderungen in der Vegetation. Hier werden Anpassungen nötig sein. Damit sollte man frühzeitig beginnen", sagt Professor Edgar Kreilkamp. Er beschäftigt sich an der Leuphana mit Tourismusstrategien und Tourismusmanagement.

Steigende Temperaturen, weniger Niederschläge im Sommer, die Zunahme von Extremwetterereignissen und mehr Regen im Herbst und Winter - so sehen die Prognosen der Klimaforscher für den Norden Europas aus. Ursache für die Veränderungen ist der Klimawandel, verursacht durch den vermehrten Ausstoß von Kohlenstoffdioxid.

Konzepte für den Tourismus unter veränderten Vorzeichen werden in den Forschungsprojekten "Kuntikum" und "Kliff" des Landes Niedersachsen und des Bundesministeriums für Forschung erarbeitet. Während "Kuntikum" bundesweit die Folgen des veränderten Klimas zu ermitteln sucht, läuft das niedersächsische Projekt "Kliff" landesweit. "Es geht auch darum, eine nachhaltige Entwicklung im Tourismus anzustoßen", sagt Kreilkamp.

Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern hat er Urlauber nach ihren Gründen für ihren Urlaub in der Heide gefragt. "Die Mehrheit will Spazieren gehen und Wandern, die Natur erleben. Menschen, die in Deutschland Urlaub machen, sind besonders umweltbewusst. Für rund 60 Prozent der Befragten in den Altersgruppen ab 30 Jahren aufwärts ist die Möglichkeit Natur zu erleben ein wichtiges Kriterium für die Auswahl des Reisezieles", so der Leuphana-Professor.

Beste Chancen also für die Lüneburger Heide, die viel Bewegung in der Natur und außerdem Radwandermöglichkeiten und Reiterurlaube bietet. Das Image der Region könnte allerdings einen Wandel brauchen, meinen die Tourismusforscher. "Man sollte vermehrt neue und jüngere Zielgruppen ansprechen, da gibt es Nachholbedarf", sagt Kreilkamp.

Auch mit Blick auf dem Klimawandel gilt es, Strategien zu entwickeln. "Die tatsächlichen Folgen der Erderwärmung werden voraussichtlich erst ab 2035 wahrnehmbar sein. Im Sommer wird dann eine Zunahme der durchschnittlichen Temperatur von 1,2 Grad erwartet", meint Kreilkamp. Das klingt undramatisch - doch gleichzeitig werden die Sommer trockner, der Herbst und der Winter werden feuchter. Der Klimawandel könnte eine Reihe von mittelbaren Auswirkungen auf Umwelt und Landschaft haben: Die Waldbrandgefahr steigt, Allergiker haben länger mit Pollenflug zu kämpfen, Algen wachsen stärker, Trinkwasser könnte knapp werden. "Die vermehrten Niederschläge im Herbst führen womöglich dazu, dass ein Urlaub in der Nebensaison weniger attraktiv wird", meint Kreilkamp.

Auch Auswirkungen auf die Besenheide (Calluna vulgaris) werden geprüft. "Wahrscheinlich ist, dass längere Trockenperioden und ein zu erwartender höherer Eintrag von Stickstoff für die Gräser in der Heide günstiger sind als für die Besenheide. Ob die Heidelandschaft in ihrer bisherigen Form erhalten bleibt, hängt davon ab, ob man bereit ist, zukünftig in ihre Erhaltung zu investieren und sie entsprechend zu pflegen", sagt Kreilkamp.

Auch wenn die Forschungen teilweise erst am Anfang stehen, rät Kreilkamp der Tourismusbranche, jetzt auf die anstehenden Veränderungen zu reagieren. "Die Heideurlauber sehen sich als Aktivurlauber. Eine saubere, unberührte Natur ist für sie sehr wichtig. 99 Prozent der von uns Befragten erwarten, dass die Tourismusbranche aktiv auf den Klimawandel reagiert", sagt Professor Kreilkamp.

Viele Maßnahmen bieten sich an, von der Verwendung regionaler Produkte über die Umsetzung lokaler Energiesparmaßnahmen und die Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte, zum Beispiel durch den Einsatz von Elektromobilen, bis zur Vermietung von Nullenergiehäuser. "Das klimabewusste Verhalten der Branche sichert nicht nur den Erhalt der Naturlandschaft Lüneburger Heide, es ist auch ein Qualitätskriterium. Urlauber im Norden orientieren sich bei der Auswahl daran, wie viel für die Umwelt getan wird. Es ist erwiesen, dass klimaneutrale Hotels mehr Gäste locken", weiß Kreilkamp.

Bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen bieten Kreilkamp und seine Mitarbeiter Hilfe an. "Rund ein Dutzend Betriebe aus der Region haben Interesse gezeigt. Unser Ziel ist es, passende Konzepte für den Klimaschutz in ihren Betrieben zu entwickeln", sagt Kreilkamp.

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