Abgestellte Waggons auf den stillgelegten Gleisen im Industriegebiet Lüneburg-Süd sind leer und gereinigt

Embsen/Melbeck. Karlheinz Fahrenwaldt macht sich Sorgen um die Sicherheit für Mensch und Umwelt im Industriegebiet Lüneburg-Süd. Bei einem Rundgang entdeckte der Fraktionschef der Linken im Lüneburger Kreistag rund 30 Kesselwagen, die auf den stillgelegten Gleisen stehen. Die Waggons für Chemikalien sind mit Warnhinweisen versehen: "Giftige und ätzende Stoffe" ist an den Kesselwagen zu lesen. Wie berichtet, will Fahrenwaldt Aufklärung bei der nächsten Kreistagssitzung am Montag, 20. Dezember, darüber erhalten, was es mit den Waggons auf sich hat. Er hat entsprechende Anfragen an Landrat Manfred Nahrstedt gerichtet.

Unterdessen kommt Entwarnung aus der Zentrale der Osthannoverschen Eisenbahnen (OHE) in Celle. Die Kesselwagen stehen auf den Gleisen und dem Gelände des Unternehmens. Lothar Krebs vom OHE-Vertrieb bringt Licht ins Dunkel. "Die Kesselwagen sind leer und gereinigt. Es befindet sich kein Gefahrgut in ihnen", sagt er. Die Waggons gehörten zwar nicht dem Eisenbahnunternehmen, doch deren Besitzer nutzten die Infrastruktur der OHE in Embsen/Melbeck.

,,Für die Wagen gibt es zurzeit keine Verwendung. Deshalb sind sie im Industriegebiet zwischengeparkt, bis die Auftragsflaute endet und sie wieder zum Einsatz kommen", so Krebs.

Auch wenn sie für giftige und ätzende Stoffe deklariert sind, heiße das nicht, so Krebs, dass Gefahr von ihnen ausgeht. "Es wird nur ausgesagt, dass sie für den Transport solcher Stoffe geeignet sind."

Schon seit Jahrzehnten würden die stillgelegten Gleise am Alten Werk in Embsen/Melbeck als Parkplatz für nicht benötigte Kesselwagen genutzt, so der OHE-Mitarbeiter. "Es wird kein Risiko eingegangen, dass etwas passieren kann, das die Umwelt schadet", sagt er. Schließlich wären die Reinigungskosten bei einem Unglücksfall mit nicht entleerten und gereinigten Kesselwagen, die Chemikalien und Gifte transportieren, sehr hoch. Gleiches gelte für die Strafen, die für einen Verstoß gegen Sicherheitsauflagen verhängt werden können.

Harald Fichtner, Sprecher des Landkreises Lüneburg als zuständige Aufsichts- und Umweltbehörde, sagt, eine Gefahr, die von den Waggons ausgehe, sei dem Kreis nicht bekannt. "Es ist nicht ungewöhnlich, dass Güterwaggons auf einem Bahngelände stehen", so Fichtner. Zwar wisse der Kreis nicht, ob und womit sie beladen sind. Aber die Warnschilder an den Wagen alleine rechtfertigten noch keine Kontrolle seitens des Landkreises. "Die Kesselwagen stehen auf einem Privatgelände der OHE und das ist rechtmäßig. In erster Linie ist die OHE für die Sicherheit verantwortlich", sagt Fichtner. Dennoch, so räumt er ein, wenn eine Gefahr gemeldet wird, greife der Landkreis sofort ein, um Schäden für Mensch und Umwelt zu verhindern.

Zu diesen war es in der Vergangenheit bereits gekommen. Wie berichtet, ist das Grundwasser an einigen Stellen im Industriegebiet verseucht. Bei einer Probe aus einem privaten Brunnen wurden Gifte und Schwermetalle im Grundwasser entdeckt. Der Landkreis gab Anfang Mai 2009 bekannt, dass die Konzentration der Schadstoffe die zulässigen Grenzwerte um ein Vielfaches überstiegen hatte. Die höchste gemessene Konzentration war 200-fach höher als es die Trinkwasserverordnung erlaubt. Die Analyse der Probe damals, die aus 53 Meter Tiefe gezogen wurde, förderte einen giftigen Cocktail aus Arsen, Stickstoffverbindungen, Nickel, Sulfat, Fluorid, Eisen, Mangan, Zink und Kalzium zutage. Die im Grundwasser gefundenen Schadstoffe sind lokal eingrenzbar und nur in einer relativ geringen Breite aufgetreten.

Inzwischen sind die Untersuchungen weiter fortgeschritten. Katrin Peters, Sprecherin des Landkreises, berichtet, dass seit Ende August neue Brunnen für die Grundwasseruntersuchung gebohrt wurden. "Proben wurden schon genommen und zwar aus drei verschiedenen Bodenschichten: aus einer Tiefe von bis zu 200 Meter unterhalb der Tonschicht, aus 120 beziehungsweise aus 60 bis 70 Metern Tiefe", sagt sie. Zurzeit wertet der vom Kreis beauftragte Gutachter die Proben aus.

"Kurz vor Weihnachten liegen die Ergebnisse vor", so Peters. Eine Arbeitskreis, der sich der Grundwasservergiftung angenommen hat, will dann über das weitere Vorgehen entscheiden. Dem Arbeitskreis gehören Vertreter von Stadt und Landkreis, der Samtgemeinde Ilmenau, dem Trinkwasserversorger, dem Gewerbeaufsichtsamt, dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft sowie dem Landesamt für Bergbau an.