Rudi W. aus Amt Neuhaus wird Tierquälerei vorgeworfen. Prozess wird am 10. November fortgesetzt

Lüneburg. Mit dem Stockmaß von etwa zwei Metern bei Hengsten gelten sie als die größten Pferde der Welt, die Tiere der Rasse Shire Horse. Die aus England stammenden Kaltblüter erfreuen sich als Kutsch- und Reitpferde auch in Deutschland großer Beliebtheit.

Rudi W. wollte in seinem 1994 gegründeten mehr als 50 Hektar großen Gestüt in der Gemeinde Amt Neuhaus Shire Horses züchten. Er hielt die Pferde in Herden in Offenstallhaltung, das heißt, sie waren das ganze Jahr im Freien, um sich zu besonders robusten und kräftigen Tieren zu entwickeln. Das sei "die einzig artgerechte Haltung von Pferden", aus Sicht des Angeklagten.

Rudi W., dem das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in vorangegangenen Verfahren mittlerweile die Zucht von Pferden lebenslang verboten hat, muss sich nun vor dem Amtsgericht der Hansestadt einer Strafrechtsverhandlung stellen. Dem 64-Jährigen wird Tierquälerei in über 50 Fällen vorgeworfen. Er soll unter anderem die Hufe seiner 52 Tiere nicht regelmäßig und ausreichend gepflegt haben. Dadurch erlitten die Pferde Schädigungen der Hufe, stolperten oder lahmten.

Außerdem soll er seine verletzten Pferde nicht oder falsch behandelt haben. Der in Amt Neuhaus lebende Angeklagte räumt ein: "Zwischen Winter 2005 und Frühjahr 2007 wurden die Tiere nicht behauen." Den Zustand der Tiere dokumentierte die Lüneburger Amtstierärztin Dr. Charlotte Kiepker. Wenig später verfügte der Landkreis, der für die Durchsetzung der Tierschutzvorschriften verantwortlich ist, dass die Pferde umgehend behauen werden müssen.

Zudem beschäftigen die Justiz weitere Vorfälle auf dem Hof. So verendete die Stute Penelope offenbar Anfang Juni 2007 vermutlich beim Fohlen auf einer Weide. Das fiel etwa vier Wochen lang keinem der Mitarbeiter des Gestüts auf. Den stark verwesten Kadaver fand schließlich Amtstierärztin Dr. Charlotte Kiepker.

Ungefähr im selben Zeitraum war die Stute Josephine von einem Hengst gebissen worden, trotzdem blieb die stark eiternde Wunde über Tage unversorgt. Die Stute wurde eingeschläfert.

Außerdem fiel den Landkreis-Mitarbeitern die Stute Lucrezia auf, die mehrere Wunden am Körper hatte, aus denen Eiter lief. Das Pferd war von einem Hengst verletzt worden und hatte dabei einen Holzzaun durchbrochen. "Man konnte sehen, dass das Tier sehr krank war, es roch schon nach Verwesung", sagte Jürgen G., der als Zeuge bei den sogenannten Ersatzvornahmen des Landkreises auf dem Hof zugegen war. Die Tierärztin wollte das Tier zur Behandlung abtransportieren, was nicht gelang. Schließlich musste die Stute eingeschläfert werden. Die Sektion in der Universität Hannover ergab, dass sich bereits Fliegenmaden in den Wunden eingenistet hatten.

Das Gericht will nun mit Hilfe eines Gutachters klären, welche Schmerzen die Tiere aufgrund ihrer mangelhaften Hufpflege leiden mussten. Der Prozess vor dem Amtsgericht wird am 10. November fortgesetzt.