Tarifbindung aufgehoben für die Beschäftigung von Programmteilnehmer bei Stadt oder Gemeinden

Lüneburg. Wenn alles nach Plan läuft, bekommen 100 Langzeitlose in Lüneburg Anfang des kommenden Jahres eine neue Chance: Mit der Einführung von Bürgerarbeit sollen Menschen ohne Job wieder Zugang zur Arbeitswelt erhalten.

Die Idee die hinter dem Konzept ist nicht neu: Arbeitslose sollen gemeinnützige Arbeit verrichten und erhalten dafür 1080 Euro für 30 Wochenstunden. Bezahlt wird das auf drei Jahre angelegte Programm mit jährlich 230 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt und 200 Millionen Euro pro Jahr steuert die Europäische Union bei.

In Lüneburg durchlaufen derzeit 500 Programmteilnehmer eine sechsmonatige sogenannte Aktivierungsphase. In dieser Zeit bemühen sich die Vermittler der Agentur für Arbeit besonders intensiv, die ausgewählten Männer und Frauen mit Qualifizierungsmaßnahmen und Fortbildungen fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Immerhin 30 fanden dadurch bislang einen regulären Job.

Am Freitag fand ein Informationstreffen zwischen Vertretern der Arbeitsgemeinschaft für Grundsicherung (Arge), Vertretern der Stadt und des Landkreises sowie der Sozialträger statt, um sich über den Ablauf des Verfahrens auszutauschen. Einige Regelungen wurden konkretisiert, andere geändert.

Für Berthold Schweers, Geschäftsführer des Caritasverbandes, ist die größte Neuerung, dass die Tarifbindung der Kommunen aufgehoben ist. Erst damit wird es Städten und Gemeinden faktisch möglich, Bürgerarbeiter zu beschäftigen, ohne in Konflikt mit den tarifrechtlichen Vorschriften und nicht zuletzt mit den eigenen Mitarbeitern zu geraten.

Im Bereich der Sozialträger gibt es diese Freigabe noch nicht. "Wir können als Wohlfahrtsverband niemand unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns beschäftigen - und die Bürgerarbeiter liegen unter dieser Grenze. Schon aus tarifrechtliche Gründen ist das nicht möglich", sagt Schweers. Zwar einigten sich die Wohlfahrtsverbände bundesweit auf eine Öffnung der Klausel zugunsten der Ein-Euro-Jobber, über den Umgang mit dem Thema Bürgerarbeit sei bislang keine Übereinkunft erreicht. Abgesehen davon, sei es schwierig ein Stellenprofil zu erarbeiten, ohne die Qualifikationen und Erfahrungen der Bewerber zu kennen. "Momentan ist nicht klar, wo man die Bewerber einsetzen kann, weil nichts über ihrer Qualitäten bekannt ist. Zudem müssen die Arbeitsplätze gewissen Kriterien entsprechen."

Ziemlich ausgeschlossen scheint die Beschäftigung von Bürgerarbeitern im Bereich der Altenpflege. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nannte die Betreuung von Senioren, neben der Arbeit bei Sportvereinen oder in öffentlichen Parks und Gärten bei der Vorstellung ihres Konzepts für Bürgerarbeit noch als möglichen Einsatzbereich.

Nach Einschätzung von Thomas Bolle widerspricht ein solches Engagement aber den Richtlinien. "Grundsätzlich muss die Bürgerarbeit zwei Kriterien erfüllen, sie muss zusätzlich zu vorhandenen Stellen geschaffen werden und sie muss von öffentlichem Interesse sein. Es ist aber kategorisch ausgeschlossen, dass gemeinnützige Organisationen mit Hilfe eines Bürgerarbeiters anderen Anbietern billiger Konkurrenz macht."

Der Sprecher der Arge Lüneburg sieht jedoch genügend andere Betätigungsfelder für die Programmteilnehmer. So könne er sich vorstellen, einige Stellen, die derzeit von Ein-Euro-Jobbern besetzt sind, im Rahmen der Bürgerarbeit weiterlaufen zu lassen. Konkret nannte Bolle die Energiesparberatung für Bedürftige. Zudem seien Bürgerarbeiter für kulturelle Projekte in Vorbereitung auf den Hansetag einsetzbar.

Bis Mitte November entscheiden nun Stadt, Landkreis, Sozialträger und Vereine über die Teilnahme am Programm. Ihre Stellenvorschläge meldet dann ein lokales Gremium, bestehend aus Vertretern von Stadt, Landkreis, Arge, Arbeitgeberverband, Gewerkschaften und Sozialträgern, die Jobprofile an das Bundesverwaltungsamt. Dann werden die Stellen besetzt.