Studenten rufen zu Konsumentenansturm auf, die Gegenform des Boykotts

Lüneburg. Wer eine bestimmte Form des Handels nicht gut findet, der hat die Möglichkeit, entsprechende Produkte und Geschäfte zu boykottieren. Dass es auch anders geht, wollen Studenten am Donnerstag in Lüneburg, Hamburg, Passau und München demonstrieren. Sie planen eine ungewohnte Form von Konsumenteneinfluss - sozusagen das Gegenteil eines Boykotts. Die Organisatoren des studentischen Netzwerks für Wirtschafts- und Unternehmensethik "sneep" rufen für Donnerstag, den 21. Oktober, zu einem sogenannten "Carrotmob" in allen vier Städten zugleich auf.

"Die Idee eines Carrotmobs ist, bei Läden anzufragen, ob sie einen Teil eines Tages-Umsatzes in klimaschützende Maßnahmen in ihrem Geschäft investieren würden", erklärt Sören Sieck-Pahl von der "sneep"-Gruppe in Lüneburg die Idee hinter der Aktion. Das Ganze ähnelt einer Auktion: "Das Geschäft, das den höchsten Umsatzanteil investieren will, erhält den Zuschlag", so Sieck-Pahl - und kann dann auf zahlreiche Kunden und hohen Umsatz hoffen.

Carrotmobs sind eine neue Form von Flashmobs (siehe Infokasten). Der Name hat seinen Ursprung in einem englischen Sprichwort. Demnach gibt es zwei Arten, einen Esel in Bewegung zu versetzen: Entweder indem man ihm kräftig ins Hinterteil tritt, oder indem man ihm eine Karotte vor die Nase hält. Übertragen auf einen Carrotmob bedeutet das etwa: Die Kunden sind die Karotten, die den teilnehmenden Läden Gewinn bringen. Die Aktionsform wurde erst 2009 in den USA erfunden.

Den exklusiven Zuschlag in Lüneburg hat "Samowar Tea & Records", Am Sande 33, erhalten. Das Tee- und Dekogeschäft mit integriertem Café will 20 Prozent seines Tagesumsatzes in Energieeffizienz investieren. Inhaberin Sabine Zaeske will ihren Kunden aber noch mehr bieten: "Unsere Kuchen werden am Donnerstag zu 100 Prozent bio sein, vielleicht gibt es auch einen Möhrenkuchen." Außerdem wird ab 15 Uhr ein DJ für die passende musikalische Atmosphäre sorgen.

Das alles soll Kunden anlocken. Denn das Thema Klimaschutz soll einer möglichst breiten Masse nahegebracht werden. Aber der Sinn eines Carrotmobs geht noch darüber hinaus: "Sneep" kooperiert für die Aktion mit "co2online", einer gemeinnützigen Klimaschutz-Beratungsgesellschaft, die heute einen Klimaberater zu "Samowar" schickt. Er wird den Laden unter energetischen Gesichtspunkten unter die Lupe nehmen. Ziel dabei ist, generell die CO2-Emissionen zu reduzieren, ob mit wärmetechnischer Modernisierung oder mit einfachem Stromsparen im Alltag.

Sabine Zaeske hofft, dass sich die Idee vom Carrotmob weit herumspricht. "Je mehr Leute kommen, desto mehr können wir natürlich auch investieren." Auf die Begehung des Klimaberaters ist sie schon gespannt. "Vielleicht kommt der hier rein und sagt 'Oh Gott, was für eine Energieverschwendung!'", lacht Zaeske. Dabei tut die Teeladenbesitzerin schon einiges, um CO2 einzusparen. "Wir haben Ökostrom, und an allen Lampen sind Zeitschaltuhren - ich hoffe, der Energieberater hat noch Ideen, auf die man nicht sofort selbst kommt."

In Lüneburg wurden laut "sneep" unter anderem Tschorn Am Sande, Bäckerei Kruse, Budnikowski, Rossmann, Tee Gschwendner und weitere Läden angesprochen. "Herr Tschorn war prinzipiell auch sehr interessiert", erzählt Sören Sieck-Pahl von "sneep", "aber er wollte nicht zusagen, weil er an dem Tag unterwegs ist." Eigentlich habe man für den Carrotmob noch mehr Städte mit ins Boot holen wollen, fügt Sieck-Pahl hinzu. "Aber die meisten Ortsgruppen haben dafür keine Kapazitäten." Trotzdem ist es jetzt schon ein kleiner Rekord: Noch nie hat ein Carrotmob in Europa in vier Städten gleichzeitig stattgefunden.

In Hamburg beteiligt sich der Edeka-Markt Niemerszein an der Osterstraße 120 in Hamburg Eimsbüttel an der Aktion.