Anita Shreve verfolgt in ihrem jüngsten Roman einen neuen Erzählstil, der auch ermüdet

Lüneburg. Die amerikanische Autorin Anita Shreve hat sich auch in Deutschland längst einen Namen gemacht. Ihre Romane, in denen sie häufig Einzelschicksale im Rahmen eines familiären Gefüges beleuchtet, haben auch bei uns eine große Leserschaft.

In ihrem neuesten Buch "Weil sie sich liebten" versucht Shreve sich erstmalig an einem neuen Kunstform. In der Rückschau betrachtet sie eine sexuelle Straftat, die sich unter den Schülern eines amerikanischen Internats in Vermont abgespielt hat.

Auch wenn der Verlag das Buch als Roman bezeichnet, so präsentiert das Buch doch keine geschlossene Geschichte im eigentlichen Sinn. Vielmehr ist es eine Reihe von einzelnen Szenen, in denen die Beteiligten und Betroffenen des Vorfalls zu Wort kommen, ohne dass eine der sonst bei der Autorin üblichen Erzählmuster deutlich wird. Auf diese Weise entsteht ein vielfältiges Puzzle, das aber sehr viel Konzentration erfordert und teils ermüdend wirkt.

Was die Autorin am besten kann, gelingt ihr allerdings auch bei diesem neuen Erzählstil. Sie liefert präzise Charakterstudien der beteiligten Personen, so dass die Beteiligten vor dem inneren Auge des Lesers wahrhaftig und durchaus lebendig wirken. Allerdings stört die Vielzahl der Szenen, in denen häufig nur ein kurzes Schlaglicht auf die Situation geworfen wird, auch den Lesefluss.

Anita Shreve hat in ihrem neuen Buch ein schwieriges Thema angepackt. Deutlich zeigt sie die Hilflosigkeit, mit der die Erwachsenen dem Tabubruch ihre Kinder gegenüberstehen. Ob sie für dieses heikle Thema aber letztendlich die richtige Form gewählt hat, mag bezweifelt werden.

"Weil sie sich liebten", Roman, gebundene Ausgabe, Piper Verlag, 368 Seiten, 19.95 Euro.