Ministerpräsident Peter-Harry Carstensen eröffnet Fischtreppe zur Überwindung des Wehrs von Geesthacht

Geesthacht. Die ersten schwimmenden Gäste entließen Schleswig-Holsteins Ministerpräsiden Peter-Harry Carstensen und Vattenfall-Chef Tuomo Hatakka in die 550 Meter lange und 45 Becken umfassende Fischtreppe bei Geesthacht. Von nun an haben es Lachs, Meerforelle, Stör und Co. auf dem Weg zu ihren Laichplätzen elbaufwärts leichter, den künstlich geschaffenen Höhenunterschied am Stauwehr zu überwinden. 20 Millionen Euro investierte der Energiekonzern Vattenfall in das Projekt.

Die Fischtreppe muss von Vattenfall als ökologischer Ausgleich für das Moorburger Kohlekraftwerk gebaut werden. Der Erfolg der Aufstiegshilfe wird ein Jahr lang durch eine Untersuchung der Wanderbewegungen der Fische nachgewiesen werden.

Carstensen bezeichnete die Fischtreppe als "Schlüsselprojekt". Er sagte wörtlich: "Diese beeindruckende Anlage ist eines der Schlüsselprojekte für die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie an der Elbe. Wir wissen, wie wichtig ein intakter Fischbestand für das Ökosystem Fluss ist."

Kritik hagelte unterdessen von Umweltverbänden. Vattenfall vollziehe in unheilvoller Allianz mit den zuständigen Behörden einen heftigen Etikettenschwindel, sagte Sybille Macht- Baumgarten, Landesvorsitzende des BUND Schleswig-Holstein: "Eine ohnehin notwendige Fischtreppe muss als angebliche Ausgleichsmaßnahme für ein neues Kohlekraftwerk Moorburg herhalten, ohne dass die immensen Belastungen der Elbe durch den Kohledinosaurier vermindert werden."

Alexander Porschke, Vorsitzender des Nabu Hamburg, konstatierte: "In Vattenfalls Kraftwerken verenden jährlich viele Tonnen Fisch bei der Kühlwasserentnahme aus der Elbe. Diesen ,Beifang' nimmt Vattenfall in Kauf, obwohl fischfreundlichere Technologien verfügbar wären."

Das Wehr bei Geesthacht behindert als einziges Wanderhindernis in der Elbe in Deutschland den Aufstieg von Fischen. Nur ein geringer Teil konnte bisher den in den 1990er-Jahren errichteten Fischaufstieg am Südufer auf seinen Weg stromaufwärts nutzen.

Die neue Fischaufstiegsanlage am Nordufer bietet erstmals insbesondere den schwimmschwachen und großen Arten einen geeigneten Wanderkorridor. Über diesen Fischaufstieg wird es nicht nur den zwischen Meer und Binnengewässern wandernden Arten, sondern auch allen anderen Elbfischen möglich sein, stromaufwärts zu schwimmen.

Unpassierbare Stauanlagen wie das Wehr in Geesthacht können weit reichende Folgen für das Leben der Fische haben. Auf der Suche nach Nahrung, geeigneten Laich- und Aufwuchsgebieten sowie Schutzzonen für die Wintermonate führen Fische nicht nur Ortswechsel über mehrere hundert Kilometer durch. Bei Arten, deren Aufwuchs- und Fortpflanzungsgebiete sowohl im Meer als auch im Süßwasser liegen, können solche Wanderhindernisse sogar die Ursache für deren Aussterben sein.

Deshalb sind wandernde Arten wie Fluss- und Meerneunauge, Atlantischer Stör, Lachs, Nordseeschnäpel und Aal stark gefährdet. Die neue Fischaufstiegsanlage verbessert die Durchgängigkeit zwischen Tide- und Unterelbe erheblich - viel mehr Fischen ist es in Zukunft möglich, das Wehr in Geesthacht zu überwinden.

Jedes Becken der neuen Treppe ist 16 Meter breit und neun Meter lang. Eine Wassertiefe von mindestens 1,75 Metern bietet auch aufwandernden Atlantischen Stören ausreichend Raum für Schwimmmanöver. In den groß dimensionierten Becken finden alle Fische während ihres Aufstiegs angemessene Ruhezonen. Speziell für Glas- und Steigaale wurden zusätzlich vier Aalleitern installiert, die jeweils aus einer 40 Zentimeter breiten Rinne mit einer bewässerten Bürstenstraße bestehen.

Um das Artensterben aufzuhalten, werden in den kommenden 20 Jahren an 260 Staustufen an Rhein, Elbe, Donau und weiteren Flüssen neue Fischwechselanlagen gebaut. Das werde insgesamt rund 700 Millionen Euro kosten, sagte Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium.