Die 41-jährige Künstlerin Anja Essler aus Kirchgellersen erhielt kürzlich den mit 1000 Euro dotierten Kulturförderpreis des Landkreises Lüneburg

Kirchgellersen. Die Darstellende Malerei fasziniert und beschäftigt Anja Essler vor allem. Ihr schräger Blickwinkel, die unkonventionellen Perspektive und das hintergründige Gedankenspiel lässt manch einen Betrachter optisch straucheln. Da fällt dem berühmten "Sohn des Mannes" - einem Werk des Belgiers Rene Magritte - der Apfel aus dem Gesicht, das Selbstportrait der Malerin geriet zur Spiegelung.

Das Spiel mit der Sicht gefällt der Malerin aus Kirchgellersen. Surreale Darstellungen sind für Anja Essler von großem Reiz. "Den Betrachter zum Nachdenken, Staunen, aber auch Schmunzeln anzuregen, das ist mein Anliegen", sagt die 41-jährige Autodidaktin.

Neben Zeichnungen mit Farb- und Bleistift malt Essler vorrangig mit Acrylfarben. Einem Material, mit dem sie sehr zufrieden ist: "Es ist gut und schnell damit zu arbeiten. Die Farbe trocknet rasch und Korrekturen lassen sich leicht einbringen." Essler hatte schon immer einen Draht zur Kunst. Das Talent zum Malen und Zeichen haben ihr Mutter und Großmutter mitgegeben. Wird sie gefragt, sei wann sie arbeite, antwortet sie: "Seit ich einen Stift halten kann."

Trotz ihres Talents kam für die gebürtige Uelzenerin der Besuch einer Kunstakademie nicht in Frage. Keine Träne habe sie der Hochschule nachgeweint. Stattdessen lernte sie an einer Lüneburger Fremdsprachenschule Englisch und Französisch und entschied sich für eine kaufmännische Laufbahn. Ihrer Affinität zur Kunst blieb sie indes treu. Neben ihrer Arbeit im Büro bildete sich Anja Essler künstlerisch weiter. Sie besuchte Seminare, Kurse und Workshops in Zeichnen und Kalligraphie. Seit 1997 stellt sie aus und bringt es heute auf eine beachtliche Bilanz: seither war sie an 20 Einzel- oder Gruppenausstellungen beteiligt.

Ob Beruf und Kunst oder wie seit einigen Jahren Familie und Kunst, die zierliche Frau mit den großen braunen Augen kennt keine Hierarchien. "Meine derzeitige Tätigkeit - die Erziehung meiner drei Kinder - erlaubt die künstlerische Tätigkeit zwar nicht in vollem zeitlichem Umfang, jedoch mit gleicher Hingabe." Kompromisse zwischen Atelier und Haushalt bestimmen das Leben. Den Drahtseilakt beherrscht die Malerin, Ehefrau und Mutter perfekt, ohne rastlos und angestrengt zu wirken. Sie ist zufrieden: "Es ist in Ordnung, so wie es ist. Die wenige Zeit zur Malerei nehme ich mir und fülle sie."

Dass dies auf durchaus auf hohem Niveau gelingt, ist Kennern der lokale Szene nicht entgangen. So erhielt Anja Essler jüngst als einzige bildende Künstlerin den diesjährigen Kulturförderpreis des Landkreises Lüneburg. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 1000 Euro dotiert. Aus allen Wolken sei sie gefallen, sagt Anja Essler und beschreibt ihre Gemütslage: "Ich fühle mich wie eine Laienschauspielerin, die den Oscar erhalten hat."

Die Laudatio hielt Helga Christoph, Wegbegleiterin der Ausgezeichneten und Vorsitzende des Kunstforum Gellersen e.V. Sie erlebe Anja Essler als liebenswerte, zugängliche und immer sehr interessierte Persönlichkeit. Sie lebe und liebe ihre Familie, Haus und Garten, so wie ihre Kunst mit solch tiefer Leidenschaft, die man unweigerlich in ihrer Arbeit erkenne. "Ihre Bilder spiegeln Tiefe und Vielschichtigkeit. Sie kommen direkt via Pinsel aus dem Herzen und der Seele."