Amtsrichterin verurteilt den 47-Jährigen zu Freiheitsstrafe

Blonde, Brünette, Rötliche, sogar Grauhaarige waren unter den Opfern. Auch die Altersspanne der Betroffenen, von 24 bis 70 Jahren, zeigt eine gewisse Beliebigkeit. Gemeinsam war den acht Menschen, die an einem kalten Sonntag im März von Ingo K. belästigt worden nur, dass es durchweg Frauen waren.

Der Lüneburger soll im Laufe eines Nachmittags viermal Frauen in einem tief verschneiten Waldstück in der Nähe des Waldfriedhofes aufgelauert haben, um sich vor ihnen zu entblößen. Nun muss sich der 47-Jährige vor dem Amtsgericht Lüneburg wegen exhibitionistischer Handlungen verantworten.

Der Angeklagte, ein hoch aufgeschossener, hagerer Mann mit kurz geschorenem grauem Haar nickt, als die Staatsanwältin die Anklageschrift verliest. "Das habe ich mir einfach mal gegönnt", nuschelt Ingo K. Die Richterin reagiert sauer.

Als "eklig", "widerlich" und "abartig" beschrieben die acht als Zeugen geladenen Lüneburgerinnen ihre Begegnung mit dem Angeklagten vor Gericht. Die 68 Jahre alt Rentnerin Karin S., die auf einem Spaziergang mit ihrer Freundin auf Ingo K. traf, ist noch heute erschüttert. "Wir sahen diesen Mann und dachten uns erst nichts dabei. Aber als er direkt an uns vorbei lief, bemerkten wir seine offene Hose. Dann verfolgte er uns eine Weile, bis meine Freundin einen Knüppel nahm und ihn anschrie."

Auch Silke H., die eine Ausbildung zur Erzieherin macht, hatte Angst vor dem Mann. Die junge Frau war auf Ski unterwegs, als ihr Ingo K. auffiel. Er trat plötzlich mit offener Hose hinter einem Baum hervor, zeigte der 24-Jährigen seinen Penis und befriedigte sich selbst. Silke H. ergriff die Flucht. Wenig später lauerte der Arbeitslose zwei Rentnerinnen auf, wies auf sein entblößtes Geschlechtsteil und fragte die 52-Jährige Clara H. "Willst du mal lecken?"

Alle Frauen betonten in ihren Aussagen, dass sie sich von Ingo K. bedroht fühlten und sich nun nicht mehr allein in den Wald trauen. Im Laufe des Nachmittags waren bei der Lüneburger Polizei immer wieder Beschwerden und Hinweise auf den Exhibitionisten eingegangen. Mehrmals waren daraufhin Streifenwagen ausgerückt, aber erst gegen Abend gelang es den Beamten, Ingo K. zu stellen.

Der Angeklagte, der von Hartz IV lebt und wegen der Verbreitung von pornografischen Schriften vorbestraft ist, wurde in die Psychiatrische Klinik eingewiesen. Ein Gutachten attestiert ihm eine mittelschwere Depression und eine leichte Persönlichkeitsstörung, die zu leicht eingeschränkter Steuerung- und Einsichtsfähigkeit führt. Von Reue ist vor Gericht nichts zu spüren.

"Die Opfer leiden noch heute an den Folgen ihrer Taten, weil sie sich nicht mehr trauen, allein in den Wald zu gehen. Deshalb reicht eine Geldstrafe nicht aus", sagt die Vertreterin der Anklage und fordert eine Freiheitsstrafe von zwei Monaten, ausgesetzt auf eine Bewährungszeit von drei Jahren.

Die Richterin schließt sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft an. Ingo K. wird zu zwei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, ausgesetzt auf eine Bewährungszeit von drei Jahren. Zusätzlich muss er eine Geldstrafe in Höhe von 600 Euro in Raten abzahlen, "damit Sie nicht einfach nur nach Hause gehen und vergessen, das heute hier eine Verhandlung stattgefunden hat", gibt ihm die Vorsitzende mit auf den Weg.