Schulgutachten empfiehlt weiterführende Schule in Marschacht. Lange Wege sorgen für Bildungsflaute

Marschacht. Zwei Gründe sprechen laut eines Schulgutachtens für eine Gymnasiums-Außenstelle an der Ernst-Reinstorf-Schule in Marschacht. Zum einen werde nur so der Standort für eine weiterführende Schule in Marschacht langfristig gesichert. Zum anderen werde die unterdurchschnittliche Quote der Gymnasiasten in der Samtgemeinde Elbmarsch erhöht. Nur jedes dritte Kind aus der Elbmarsch wechsele von der Grundschule auf ein Gymnasium, während es im übrigen Kreis Harburg jedes zweite sei, sagte Gutachter Hubertus Schober bei der Vorstellung der Untersuchung vor mehr als 100 Zuhörern.

Den Grund für das geringe Interesse am Gymnasium hat Schober in den langen Schulwegen ausgemacht. Deshalb stecke die Elbmarsch in einer Bildungsflaute, so Schober. Das untermauerte der SPD-Fraktionsvorsitzende im Samtgemeinderat, Uwe Harden, während der Diskussion im Anschluss an die Präsentation. Er sagte, Schüler aus dem Tesper Ortsteil Bütlingen würden morgens um 6.10 Uhr das Haus verlassen, um mit dem Bus zum Unterricht am Ganztagsgymnasium in Winsen zu fahren. Zurück daheim seien die Kinder und Jugendlichen erst wieder um 18 Uhr. "Das ist eine gravierende Benachteiligung", so Harden.

Auf das Problem hatte in den vergangenen Monaten die Elterninitiative "Elbmarsch macht Schule" nachdrücklich aufmerksam gemacht und deshalb gefordert, die Ernst-Reinstorf-Schule als momentane Haupt- und Realschule in eine Kooperative Gesamtschule (KGS) umzuwandeln (die Rundschau berichtete). Christoph Meyn von der Initiative sagte: "Das Gutachten bringt uns einen Schritt nach vorne, auch wenn eine KGS aufgrund der vorhergesagten Schülerzahl nicht zu verwirklichen ist. Wir wollen, dass mehr Kinder zum Gymnasium gehen."

Robert Schumann, CDU-Fraktionschef im Samtgemeinderat, sagte, seine Fraktion unterstütze die Initiative für ein Komplettangebot in der Elbmarsch. "Erst einmal bis zur zehnten Klasse und alles, was darüber hinausgeht, wäre auch gut", so Schumann.

Der CDU-Landtagsabgeordnete André Wiese aus Winsen/Luhe sagte, die Schülerzahl werde einen gymnasialen Zweig in der Elbmarsch nicht hergeben. Auch, weil in Winsen eine Integrierte Gesamtschule (IGS) an den Start gehen werde. Bürgermeister Rolf Roth (SPD) sagte: "Natürlich werden von einer IGS Schüler abgegriffen. Aber wir würden dem unter Raumnot leidenden Gymnasium in Winsen mit einer Außenstelle helfen."

Hasso Ernst Neven, FDP-Kreistagsabgeordneter und Mitglied im Schulausschuss, dämpfte die Erwartungen, die das Gutachten in der Elbmarsch weckt. "Es sollte nicht zu optimistisch an die Sache herangegangen werden. Die Mehrheitsgruppe von CDU und FDP im Kreistag hat noch viel Beratungs- und Klärungsbedarf." Und der Kreistag entscheidet über die Schullandschaft, somit am Ende auch über einem möglichen gymnasialen Zweig in der Elbmarsch. Im Übrigen, so Neven, stehe nicht fest, ob Eltern in Drage und Drennhausen ihre Kinder nicht lieber weiterhin nach Winsen zum Unterricht schicken wollten.

Gutachter Schober empfahl, sich von ideologisch überfrachteten Diskussionen zu befreien. "Wir sind neben Österreich das einzige Land in Europa, das eine nur vierjährige Grundschulzeit hat. Alle anderen haben sechs bis acht Jahre." Andere Länder hätten ihre Hausaufgaben gemacht, während in Deutschland in den 1990er-Jahren die Bildung "total verschlafen wurde". Er sagte, auch Niedersachsen müsse Schulen anbieten, die auf die jeweilige Kommune zugeschnitten seien - wie zum Beispiel mit dem gymnasialen Zweig in der Elbmarsch.

Der Schritt sei wichtiger denn je. "Wer sich mit Schule befasst, muss sich mit dem demografischen Wandel beschäftigen, um mit neuen Ideen auf ihn reagieren zu können." Der Samtgemeinde Elbmarsch sagt Schober voraus, dass sie weiter expandieren und nicht stagnieren werde. Dennoch: Die Ernst-Reinstorf-Schule sei zwar eine sehr schöne Schule, an der auch noch ausreichend Kinder unterrichtet würden. Aber in 20 Jahren sei das nicht mehr der Fall, wenn nicht jetzt die Weichen gestellt würden. "Es müssen Antworten für eine noch bessere Schulversorgung als heute gefunden werden." Schobers Antwort lautet daher: ein gymnasiales Angebot für die Elbmarsch.