Die SPD mobilisiert gegen Eingemeindung nach Lüneburg. Flugblatt geht heute an 4000 Haushalte

Adendorf. "So nicht, Herr Minister Schünemann!" prangt es in roten Lettern auf dem Din A4 großen Handzettel, der heute an die rund 4000 Haushalte in Adendorf verteilt wird. Mit dem Flugblatt positioniert sich die SPD-Ortsgruppe Adendorf deutlich gegen eine Eingemeindung des Ortes nach Lüneburg, wie es das im Auftrag des Niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann erstellten Gutachten "Kommunalstrukturen in Niedersachsen" empfiehlt (die Lüneburger Rundschau berichtete).

Es ist nur ein kleiner Abschnitt in dem 435 Seiten starken Dokument, das in der rund 10 100 Einwohner zählenden Gemeinde für Empörung sorgt. Auf Seite 271 findet der Autor, Professor Joachim Jens Hesse vom Institut für Staats- und Europawissenschaften (ISE), klare Worte: Die Stadt Lüneburg solle "durch Eingemeindungen" gestärkt werden. Mit etwa 135 000 Einwohnern könne die Hansestadt dann als kreisfreie Stadt agieren. Dabei ist unter anderem von einer "eine finanzielle Zuordnung" Adendorfs nach Lüneburg die Rede.

"Die Nachricht ist wie ein großer Knall in die Sommerpause geplatzt", sagt Rolf-Werner Wagner, Ortsvereinsvorsitzender der SPD in Adendorf. Gemeinsam mit Bürgermeister Joachim Pritzlaff (SPD) und seinen Parteikollegen, den Kreistagsabgeordneten Rainer Dittmers und Elke Stange, der stellvertretenden Ortsvereinsvorsitzenden Elke Schönfeld dem SPD Bürgermeisterkandidaten Thomas Maack macht Wagner mit dem Flugblatt jetzt mobil.

"Wir werden eine Zuordnung Adendorfs an die Hansestadt Lüneburg mit allen geeigneten Mitteln verhindern", sagt Wagner. Die Befürchtungen der Sozialdemokraten: Die Adendorfer könnten ihre Selbstbestimmung verlieren, hätten keinen Einfluss mehr auf Investitionen für die öffentliche Einrichtungen der Gemeinde. Wagner: "Für Bürger könnte es bedeuten, dass Gebühren und Hebesätze an das Lüneburger Niveau angepasst werden - und damit steigen." Zum Vergleich: Der Abwasserbeitrag in der Hansestadt beträgt pro Quadratmeter 2,95 Euro, in Adendorf ist es rund ein Euro weniger. 259 Euro zahlen Eltern mit einem jährlichen Einkommen bis zu 40 000 Euro für die Ganztagsbetreuung eines Kindes in einer kommunalen Tagesstätte in Lüneburg. In Adendorf dagegen nur 177 Euro. Und auch bei der Pro-Kopf-Verschuldung stehen die Adendorfer mit 506 Euro deutlich besser da als die städtischen Nachbarn mit 1317 Euro.

Doch für Spekulationen über Gebühren sei es viel zu früh, sagt Daniel Steinmeier, Sprecher der Hansestadt Lüneburg: "Grundsätzlich müssten zunächst einmal Gespräche geführt werden. Dafür bietet das Gutachten eine Basis." Das sieht Rolf-Werner Wagner anders: "Ein Hauptanliegen des Gutachtens ist es, finanzschwache Kommunen vor dem Kollaps zu retten. Aber Adendorf ist finanziell gesund und passt gar nicht ins Bild." Laut Gemeindechef Pritzlaff hat eine aktuelle Beurteilung des Landesrechnungshofes Adendorf gute Noten in Sachen Haushaltsführung bestätigt und insbesondere die "schlanke Verwaltung" gelobt.

"Professor Hesse hat die Empfehlung ausgesprochen, ohne auch nur einmal Rücksprache mit den Verantwortlichen in Adendorf zu halten oder sich ein Bild der Situation vor Ort zu machen", kritisiert Pritzlaff das Gutachten als "Gebietsreform von oben".

Die Gemeinde Adendorf sei über mehr als 800 Jahre gewachsen. "Die Menschen hier verstehen sich als Adendorfer, das gehört zu ihrer Identität." So löse das Gutachten bei den Bürgern Verunsicherung aus. "Die Menschen sprechen mich auf der Straße oder im Supermarkt an und wollen wissen, was wird", sagt Pritzlaff. Eine Antwort darauf hat der Bürgermeister nicht, denn er wurde von dem Gutachten ebenso überrumpelt, wie die Gemeindemitglieder. Fest steht für ihn bisher nur: "Wir werden das Thema auf der kommenden Ratssitzung gemeinsam mit CDU und Grünen diskutieren." Auf die Gegenwehr der SPD jedenfalls könnten sich die Adendorfer verlassen, so Wagner.