Vor dem großen Fang an offenen Gewässern steht bei der Fischerprüfung auch intensives Trockentraining

Lüneburg. 30 Angler in spe sind am vergangenen Sonnabend vor der Mensa auf dem Uni-Campus zur Wurfprüfung angetreten. Mindestens 30 von 100 Punkten mussten sie mit fünf verschiedenen Würfen erreichen, um den praktischen Teil der Fischerprüfung zu bestehen.

"Wir werfen mit einem genormten, tropfenförmigen Gewicht. Für so viele Anfänger auf einen Haufen wäre ein Angelhaken viel zu gefährlich", sagt Kursleiter Holger Petersen vom Landessportfischerverband Niedersachsen. Dass seine Schüler später mit Haken und Schwimmer ihr Ziel treffen könnten, sei enorm wichtig: "Ein Angler, der sein Ziel nicht trifft, ist eine Gefahr für alle Umstehenden." Am Wasser werden die Angelschüler ihre Posen in dem zweiwöchigen Kurs aber nicht auswerfen, in den Prüfungsvorgaben ist nur das Üben auf dem Trockenen vorgesehen.

Neben der Schwierigkeit des richtigen Werfens, muss der Prüfling bei der Gerätekunde beweisen, dass er die Funktionsweisen und Fachausdrücke seines neuen Sportgerätes kennt. Hinzu kommt noch die theoretische Prüfung: 45 von 60 Fragen aus den sechs Gebieten allgemeine Fischkunde, spezielle Fischkunde, Gewässerkunde, Gerätekunde, Natur-, Tier- und Umweltschutz und Gesetzeskunde müssen richtig beantwortet werden. Das Lernen wird mit einem Nachweis über die Fischerprüfung belohnt.

"Die Fischerprüfung ist die nach dem Niedersächsischen Fischereigesetz geforderte Voraussetzung für das Fischen", sagt Bernd Schlicker, Präsident des Landessportfischerverbandes Niedersachsen. Umgangssprachlich werde sie oft mit dem sogenannten Angelschein gleichgesetzt, das sei aber nicht richtig. Mit der abgelegten Fischerprüfung könne man allerdings nicht einfach an ein beliebiges Gewässer ziehen und angeln. Zunächst müsse ein Erlaubnisschein für das jeweilige Gewässer gekauft werden.

Den gibt es beim Besitzer oder Pächter des Gewässers. Ist der ein Angelsportverein, muss man eintreten und einen Mitgliedsbeitrag zahlen. "Wir verwenden den Mitgliedsbeitrag, um anhand der Fangstatistik der Mitglieder das Gewässer wieder neu mit Fischen zu besetzen", sagt Johannes Uliczka, Erster Vorsitzender der Sportanglerkameradschaft Lüneburg, die 350 Mitglieder zählt. Jeder Angler müsse Buch darüber führen, welchen Fisch er wo geangelt habe.

Darum liegt Kursleiter Holger Petersen auch die Sparte "spezielle Fischkunde" besonders am Herzen: "In den niedersächsischen Gewässern haben wir 70 bis 80 Fischarten, die müssen bekannt sein." In der Ilmenau kämen besonders Hechte, Weißfische und Aale vor. Der Stint käme nur zum Ablaichen im Frühjahr. Auch die Schonzeiten der verschiedenen Fische müssen beachtet werden. "Durch die Angelmethode, den Köder oder die Wassertiefe kann man den Fang beeinflussen", sagt Petersen. Wenn man allerdings doch einen geschonten Fisch fange, solle man den Haken möglichst abschneiden und den Fisch wieder zurücksetzen.

Die Motivationen von Petersens Schülern sind unterschiedlich: Manche wollen im Verein angeln, andere wollen die Prüfung für ihren Urlaub machen, wieder andere sind Teichbesitzer. "Was viele nicht wissen: Seit 1982 ist jeder Fischhalter oder -züchter verpflichtet, die Fischerprüfung abzulegen", sagt Petersen. Claudia Felz hat, wie viele Kursteilnehmer, früher mit ihrem Vater geangelt. Jetzt will sie als Ausgleich zum stressigen Alltag angeln. "Wann kommt man sonst noch mal in Ruhe raus?", fragt die 26-Jährige.

Angeln ist wahrhaftig ein Sport der Stille. Denn dass Lärm die Fische verscheucht, ist laut Petersen kein Gerücht: "Fische haben auch eine Geruchs- und Gesichtssinn. Wenn man einmal die Autotür zuschlägt, sind die Schuppenträger weg."

Um möglichst viele und große Fische zu fangen, werden erfahrene Angler auch beim Köder experimentierfreudiger: "Manche schwören auf Toastbrot mit Vanille, andere auf eine bestimme Paste oder Kartoffeln", sagt Petersen. Auch Fische hätten verschiedene Vorlieben: Aland und Döbel könne man gut mit Kirschen fangen, Karpfen liebten herzhaften Käse.

Im Jahr prüft Holger Petersen etwa 400 Kinder und Erwachsene zwischen 13 und 77 Jahren. Trotzdem können die Angelsportvereine keine großen Zuwächse verbuchen. Gerade die Jugend sei nicht langfristig fürs Angeln und den Naturschutz zu begeistern, sagt Bernd Schlicke. "Der Durchschnittsangler ist über 45 Jahre alt. Viele kommen erst in den späteren Jahren mit den eigenen Kindern wieder zum Angeln zurück", beobachtet der Präsident des Landessportfischerverbandes. Den Ausweis über die bestandene Fischerprüfung, könne man allerdings erst mit 14 Jahren bekommen. "Erst dann darf man eine Kreatur töten", sagt Holger Petersen.

Der 13-jährige Leon Witthöft hat die praktische Prüfung bestanden, muss nun aber bis zu seinem 14. Geburtstag warten, bis er losangeln kann. "Dann angele ich zusammen mit einem Freund, der mich zu dem Sport gebracht hat", sagt er. Als Köder wird er Mais verwenden - ein Tipp von seinem Freund.