Die Altstadt soll durch den neuen Kanal bei starken Regenfällen vor Überschwemmungen geschützt werden

Lüneburg. Die Stadt will einen neuen Abwasserkanal durch den Liebesgrund bauen. Er soll dafür sorgen, dass die Altstadt im Fall von sehr starken Regenfällen nicht unter Wasser steht. Im Herbst reißen Bagger die Rasenfläche auf und buddeln einen Graben zwischen Bardowicker Straße und Wallanlage, von dort bis zum Parkhaus Am Graalwall werden die Rohre unterirdisch ins Erdreich gepresst.

Hintergrund für die Maßnahme ist eine Untersuchung, die die Abwassergesellschaft (AGL) in Auftrag gegeben hatte: Wie sind die Lüneburger Alt- und Innenstadt gegen Überstauung gesichert, wenn es zu sehr starken Regenfällen kommt? Experten sprechen von einem sogenannten Ereignisregen, der zu einer Überstauung führen kann. "Das bedeutet: Wasser läuft aus den Kanaldeckeln, die Straße verwandelt sich in einen See", sagt AGL-Geschäftsführer Günter Hauschildt.

Passiert ist das 2002 in Kaltenmoor, seither hatte die Stadt laut Hauschildt mit keinem Ereignisregen zu kämpfen. "Normaler Niederschlag ist kein Problem", sagt Hauschildt. "Normal" bedeutet lautet offizieller Wetterdienst-Tabelle 10,2 Millimeter pro 30 Minuten oder 14,8 Millimeter in einer Stunde. Kämen bei einem Platzregen aber 25 Millimeter pro Stunde vom Himmel, hätte die Altstadt ein Problem, sagt Hauschildt: "Sie liegt in einer Senke und würde voll Wasser laufen."

Damit das nicht passiert, lässt die AGL den neuen Kanal durch den Liebesgrund bauen. "Damit ist die Altstadt sicher", sagt Hauschildt. Als Lösung für das Starkregen-Problem in der Kuhle zwischen St. Michaelis und Fußgängerzone hatten die externen Gutachter zunächst einen sogenannten Stauraumkanal unter der Straße Am Graalwall vorgeschlagen: Dort sollte Regenwasser zwischengespeichert werden und anschließend zeitverzögert ablaufen.

300 000 Euro hatte die AGL, zu 100 Prozent Tochter der Hansestadt Lüneburg, im Wirtschaftplan 2009 für die Baumaßnahme stehen. Doch nach Sichtung der Ausschreibungs-Angebote blies der Geschäftsführer das Projekt ab.

Von sieben aufgeforderten Firmen hatten nur zwei ein Angebot abgegeben - und beide lagen extrem weit über der veranschlagten Summe. Der Grund: Die Straße liegt an der Kante des Senkungsgebiets, und die Firmen wollten sich über den Preis gegen mögliche durch die Bauarbeiten entstehende Schäden an Nachbarhäusern absichern. "Ich habe daraufhin die Ausschreibung aufgehoben", sagt Hauschildt.

Sein für die Kanäle zuständiger Bereichsleiter habe daraufhin eine alternative Lösung für das Abwasserproblem Altstadt erarbeitet: den Bau eines zusätzlichen Kanals zwischen Bardowicker Straße und Parkhaus Am Graalwall/ Bastionsstraße. "Der Kanal dient als Entlastung und umgeht den Engpass in der Altstadt", erklärt Geschäftsführer Hauschildt. "Zudem kann er für Ausgleich sorgen, falls der vorhandene Kanal an der Egersdorffstraße einmal Schaden nimmt." Denn auch die Egersdorffstraße gehört zum Senkungsgebiet, mit Schäden an Kanalrohren durch Setzungen im Erdreich muss Hauschildt daher immer rechnen.

Damit der neue Kanal im Liebesgrund das Wasser im Freigefälle ohne Pumpe ableiten kann, muss das Rohr nahe unter der Grasnarbe liegen. Der Kanal-Bereichsleiter Joachim Hackradt erklärt: "Die Höhe wird durch die Lage des Kanals an der Bardowicker Straße bedingt. Dort wird der neue angeschlossen." Die AGL hat sich daher für ein Glasfaserrohr mit 80 Zentimetern Durchmesser entschieden. Es ist mit vier Zentimetern Dicke nur halb so dick wie andere Rohre in der Größe.

Auf 160 Metern wird das Rohr in offener Bauweise entlang einer bestehenden Regenwasserkanal-Trasse quer durch den Liebesgrund unter der Rasenfläche verlegt. Ab der Schlittenbahn nahe dem Kinderspielplatz wird für weitere 160 Meter ein Tunnel unter die Wallanlagen in das Erdreich gebohrt, in den das Rohr gepresst wird.

Den Baugrund hat die AGL bereits untersucht, zurzeit wird die Ausschreibung vorbereitet. 400 000 Euro wird der neue Kanal kosten, schätzt der AGL-Chef. Im Herbst sollen die Bauarbeiten beginnen, Hauschildt rechnet mit sechs bis acht Wochen Dauer. Im Anschluss wird die AGL den aufgerissenen Rasen erneuern.