Lüneburger Verein kritisiert Entscheidungen von Winsener Gericht und Jugendamt im “Fall Dennis“

Lüneburg. Elisabeth Heemann fühlt sich ein weiteres Mal von den Mitarbeitern der Jugendämter unfair behandelt. Die leibliche Mutter zweier erwachsener Kinder betreut in ihrer Wohnung im Norden Lüneburgs einen 16 Jahre alten Pflegesohn. Für die Belange der 40 beziehungsweise 99 Paare, die in der Hansestadt und dem restlichen Landkreis Lüneburg jeweils 63 beziehungsweise 170 Pflegekinder betreuen, engagiert sie sich als Vorsitzende des "Eltern helfen Eltern e.V." In dieser Funktion reagiert sie auf Äußerungen der Leiterin des Jugendamts im Landkreis Harburg, Barbara Stiels, die Pflegeeltern kritisiert hatte, die Kinder aus Hamburg übernehmen und die strengeren Auswahlkriterien der niedersächsischen Landkreise umgehen.

Solche Übernahmen über die Landesgrenze hinweg machen etwa ein Drittel beziehungsweise die Hälfte der Pflegeverhältnisse in den Landkreisen Lüneburg und Harburg aus. Sie sorgen nach Angaben der beiden Amtsleiter für Probleme, weil die Heimatkommunen der Ersatzeltern sprichwörtlich wie die Jungfrau zum Kinde kommen. Nach zwei Jahren Betreuung geht die Zuständigkeit für die aus Hamburger Problemfamilien stammenden Pflegekinder nämlich ohne Vorwarnung auf die Landkreisverwaltungen über.

Mitte Juli beginnen erste Gespräche mehrerer nordniedersächsischer Jugendamtsleiter wie Stiels und Karsten Zenker-Bruns aus Lüneburg mit den Hamburger Behördenvertretern über einen Kompromiss, der den Interessen beider Partner gerecht wird. "Es geht darum, eine engere Zusammenarbeit bei der Belegung und Betreuung der Pflegeeltern zu verabreden", sagt Georg Krümpelmann, Sprecher des Landkreises Harburg auf Anfrage des Hamburger Abendblatts.

Fehlende Mitsprache habe es beispielsweise im sogenannten "Fall Dennis" gegeben, dessen Winsener Pflegeeltern den Fünfjährigen nach einem jahrelangen Rechtsstreit um Besuchskontakte mit den leiblichen Eltern in ein Heim gaben. "Die Pflegeeltern waren nicht mit der Pflege und Erziehung des schwer gestörten Kindes überfordert", sagt dazu Heemann. "Sie sind gescheitert an ihrer Verzweiflung darüber, dass sie ihr Pflegekind nicht so schützen durften, wie es ihre Aufgabe und auch die des Jugendamtes und des Richters gewesen wäre."

"Als Sprecherin des Lüneburger Adoptiv- und Pflegefamilienvereins fordere ich, dass die potenziellen Pflegeeltern sorgfältig überprüft, aber auch ebenso sorgfältig vorbereitet werden." In der Hansestadt Lüneburg gebe es dazu vorbildliche Kurse. "Was aber verbessert werden muss, ist die Diagnostik bezüglich der Geschichte und den Vorschädigungen der Kinder."