Ein Jahr nach der Erweiterung des Biosphaeriums Elbtalaue ziehen Betreiber positive Bilanz. Besucherzahlen haben sich verdoppelt.

Bleckede. Es ist dunkel im hinteren Bereich der Aquarienlandschaft des Biosphaeriums Elbtalaue in Bleckede. Durch die Glasfronten der erleuchteten Wasserbecken fällt grünliches Licht, was diese Unterwasserwelt noch eindrucksvoller macht. Die kleine Pauline steht andächtig vor einem Aquarium, in dem alte Elbbarsche gemächlich an der Scheibe vorbeischwimmen.

"So große Fische schwimmen da im Fluss?" In ihrer Stimme liegt ein erstaunter Unterton. Und wenn in einem anderen Becken die Störe ganz nah an die Scheibe kommen, tritt die Vierjährige lieber einen Schritt zurück. In der angrenzenden Biberanlage taut sie wieder auf. "Die haben ja ganz gelbe Zähne", bemerkt sie nach eingehender Betrachtung eines ausgestellten Biberschädels. Durch eine Glasscheibe kann sie auch zwei lebende Biber beobachten, die schlafend in ihrem Bau liegen.

+++ In Bleckede ziehen zwei neue Biber in die Burg ein +++

Genau darin liegt die Ursprungsidee der vor einem Jahr eröffneten Biberanlage und der Aquarienlandschaft in dem Informationszentrum, das bis dato noch Elb-Schloss hieß. "Der normale Besucher der Elbtalaue hat kaum die Möglichkeit, diese Tiere in der freien Wildbahn zu sehen", sagt Geschäftsführerin Andrea Schmidt. "Wir wollen eine verlässliche Begegnung mit den Charaktertieren der Aue ermöglichen." Die Bilanz nach einem Jahr fällt positiv aus: Die Besucherzahlen haben sich mehr als verdoppelt.

Begonnen hat alles im Frühjahr 2002, als das Elb-Schloss Bleckede seine Tore für Besucher öffnete. Im Oktober desselben Jahres wurde das Biosphärenreservat auf Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes geschaffen. Das Ziel: eine einmalige Auenlandschaft mit ihren landschaftlichen, kulturellen, sozialen und ökonomischen Werten und Funktionen erhalten und entwickeln. "Es geht um Bewusstseinsschaffung. Der Mensch und die Natur sollen in Einklang gebracht werden", sagt Sprecher Axel Schlemann.

Ein weiterer Aufgabenbereich des Informationszentrums liegt in der Förderung des Tourismus der Region. "Andere Destinationen wie die Lüneburger Heide profitieren von einem hohen Bekanntheitsgrad. Diese Gegend muss erst noch mit Angeboten aufgeladen werden", sagt Schlemann. Zwar wurde das Angebot des Elb-Schlosses gut aufgenommen. Die Entwicklung der Besucherzahlen zeigte aber, dass neue Attraktionen notwendig waren, um weiter Anziehungspunkt und Motor für die regionale Entwicklung sein zu können. "Es gab kaum Wiederholungsbesucher", sagt Schlemann. Es war deshalb letztlich auch ein ökonomischer Ansatz, das Elb-Schloss durch lebende Tiere zu erweitern, um über die Region hinaus Anlaufpunkt für Besucher zu werden.

Dabei stand die Erweiterung - insbesondere die Biberanlage - auch immer wieder in der Kritik. Lohnt sich das überhaupt? Werden nicht Unmengen an Geld in ein Projekt gepumpt, das sich letzten Endes als ein reines Zuschussprojekt entpuppt? Dann starb auch noch einer der angeschafften Biber nach nur kurzer Zeit, wodurch die Diskussion weiter angeheizt wurde. Dass der Tod des Tieres nicht in der Verantwortung der Biosphaeriumsmitarbeiter lag, konnte dabei schon mal untergehen. Schlemann ärgert die aus seiner Sicht einseitige Kritik, die das Projekt als Ganzes in Frage stellt. "Es entstand der Anschein, dass sich einige Oppositionspolitiker aus persönlichem Kalkül gegen das Projekt gewandt haben."

Die artgerechte Haltung der Biber sei nicht gewährleistet, so die Kritiker, und die enormen Folgekosten seien bei den Berechnungen nicht bedacht worden. "Das ist nicht richtig. Wir haben von Anfang an Biberexperten zu Rate gezogen und geprüft, ob man die Biber hier überhaupt halten kann", sagt Schlemann. "Auch in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit wurde das Projekt geprüft. Macht es ökonomisch überhaupt Sinn? Kann man dadurch mehr Besucher generieren?" Eine Machbarkeitsstudie sollte im Vorfeld Fragen nach der Wettbewerbssituation, dem Besucherpotenzial und den Betriebs- und Folgekosten klären. Im Ergebnis besagte die Studie, dass die Kombination von Biberanlage und Aquarienlandschaft - in Verbindung mit dem bisherigen Angebot - deutschlandweit einmalig und deshalb aus touristischer und ökonomischer Sicht sinnvoll sei.

Nach der Entwicklung eines didaktischen Leitfadens traten die Verantwortlichen an Fördergeber großer Stiftungen wie der Allianz-Umweltstiftung, der Lottostiftung des Landes oder des Hamburg-Niedersachsen-Fonds heran und überzeugten sie von dem Projekt. Von den 1,4 Millionen Euro, die für die Erweiterung aufgebracht werden mussten, fielen lediglich 136 000 Euro auf die Stadt Bleckede ab.

Daneben wird das Biosphaerium jährlich bezuschusst. Schlemann: "Vom Land bekommen wir Geld für den Bildungsauftrag, den wir gern und mit Begeisterung erfüllen." Weitere Zuschüsse kommen von der Stadt Bleckede, da das Biosphaeriums als Touristeninformation für die Region fungiert. Und dieses Geld fließe keinesfalls, wie von mancher Seite behauptet, ins Nichts, meint Schlemann. Nachdem das Zentrum in den Jahren 2009 und 2010 jeweils circa 13 000 Besucher verzeichnen konnten, waren es nach der Erweiterung immerhin 30 000. Den größten Anteil machen Einzelbesucher und Familien aus. Auch das Gruppengeschäft läuft gut, angeregt durch spezielle Führungen oder Umweltentdeckerprogramme für Schüler.

Doch nicht nur die Besucherzahlen sind im vergangenen Jahr gestiegen. Laut Schlemann konnten zwei neue Arbeitsstellen geschaffen und bis zu 600 000 Euro mehr Einnahmen in der örtlichen Gastronomie verzeichnet werden. "Mit einer solchen Investition setzt man wichtige Zeichen. Allein im vergangenen Jahr haben drei neue Gastronomiebetriebe in Bleckede eröffnet und auch die Zahl der Bettenbetriebe steigt." Ohne eine attraktive Anlaufstelle, wie sie durch das Biosphaerium Elbtalaue geboten werde, wäre diese Entwicklung nicht möglich gewesen.

Künftig soll das Angebot ständig weiterentwickelt werden, um weiterhin Besucher in die Elbtalaue zu locken. Schlemann ist optimistisch. "Die Region ist im Aufbruch und die Elbtalaue spielt dabei eine große Rolle."