Anlässlich des Tschernobyl-Tags wollen Anti-Atombündnisse sich zur Kundgebung mit Musik und Kunst am Zwischenlager Gorleben versammeln.

Lüneburg. Ein Jahr nach dem Reaktorunglück in Fukushima und der politischen Kehrtwende der schwarz-gelben Bundesregierung, die im vergangenen Sommer den Ausstieg aus der Atomenergie beschloss, hat es die Anti-Atomkraftbewegung schwer, Gehör zu finden. Andere Themen wie der kometenhafte Aufstieg der Piratenpartei nehmen mehr Raum ein in der öffentlichen Debatte als die Energiewende.

"Dabei haben viele Bürgerinitiativen und kleine Gruppen in Deutschland festgestellt, dass der Ausstieg kein Ausstieg ist", sagt Dirk Werner vom Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom (Laga). Auch wenn acht Atomkraftwerke, darunter auch der Meiler in Krümmel abgeschaltet wurden, sei der Ausstieg eine Mogelpackung, meint Werner. "Noch mindestens zehn Jahre wird in Deutschland Atomstrom produziert. Und zwar mit allen damit zusammenhängenden Problemen."

Ungelöst ist zum Beispiel die Frage, wo die abgebrannten Brennstäbe gelagert werden sollen. Im Bundestag finden in dieser Woche Gespräche zwischen Regierung und Opposition statt, um ein Verfahren zu entwickeln, mit dem dann bundesweit verschiedene Standorte auf ihre geologische Eignung geprüft werden können.

"Viele Initiativen fordern inzwischen nicht mehr das Abschalten, sondern den Rückbau der Anlagen, weil ein vorübergehend vom Netz genommener Meiler von den Betreibern jederzeit wieder angeschaltet werden kann", sagt Georg Gunkel-Schwaderer, der sich in der Anti-Atombewegung engagiert.

Inzwischen werde es für die Aktivisten immer schwieriger, ihre Arbeit der Bevölkerung zu erklären. "Die Politiker werfen immer wieder Nebelkerzen und bestimmte Begriffe werden gar nicht mehr erklärt", sagt Georg Gunkel-Schwaderer. Umso wichtiger seien Veranstaltungen und öffentlichkeitswirksame Aktionen, um immer wieder auf das Thema hinzuweisen. Seit einigen Jahren nehmen die Atomkraftgegner den sogenannten Tschernobyl-Tag, der an die Katastrophe am 26. April 1986 im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl erinnern soll, zum Anlass, um auf die Gefahren und die ungelösten Fragen der Technologie hinzuweisen.

Der Lüneburger Beitrag zum Tschernobyl-Tag, der mit einer Großdemonstration am Sonnabend, 28. April am Zwischenlager Gorleben begangen werden soll, ist eine Vortragsreihe von Laga. Am Mittwoch, 25. April, spricht Ulrich Kleemann ab 19.30 Uhr im Hörsaal 4 der Uni am Wilschenbrucher Weg.

Der promovierte Geologe hat sich intensiv mit der Eignung des Salzstocks in Gorleben als atomare Endlagerstätte auseinandergesetzt. In seiner Analyse, die vor allem auf der Untersuchung bisheriger geologischen Studien über Gorleben beruht, kommt Kleemann zu dem Schluss, dass in Gorleben die geologischen Voraussetzungen für ein Endlager nicht gegeben sind. Da bestimmte Deckschichten auf dem Salzstock fehlen, entstünden aus seiner Sicht massive Sicherheitsrisiken, sollten die strahlenden Überreste eingelagert werden.

Ein weiterer Vortrag mit Matthias Miersch ist für Sonnabend, 28. April, geplant. In seinem Vortrag um 11 Uhr im Foyer der Volkshochschule erklärt Miersch die Verfahrensweise, wie anhand des Endlagerverfahrensgesetzes ein Standort in Deutschland gefunden werden sollen. Ab 10 Uhr gibt es für Besucher ein Bio-Frühstück und Zeit für Gespräche.

Lüneburger, die zur Demonstration nach Gorleben fahren möchten, werden zum ersten Mal kostenlos dorthin transportiert. Fünf Busse stehen bereit. Damit soll auch Atomkraftgegnern mit kleinem Budget wie Schüler und Studenten die Möglichkeit gegeben werden, sich am Protest zu beteiligen.

Abfahrt ist um 11.40 Uhr am Bahnhof Lüneburg. Wer mitfahren möchte, reserviert sich vorher einen Sitzplatz auf der Internetseite www.ausgestrahlt.de . Wer keinen Platz mehr in den Bussen findet, kann sich an die bewährte Mitfahrbörse von Laga wenden, Treffpunkt dafür ist der Aldi-Parkplatz an der Bleckeder Landstraße um 12 Uhr.

Vor dem Zwischenlager in Gorleben sind neben Redebeiträgen, die ab 13 Uhr beginnen, verschiedene Aktionen vorgesehen. "Wir wollen das Gelände kulturell umzingeln. Verschiedene Musiker, Tänzer, Dichter und Performancekünstler treten rund um das Zwischenlager auf. Und natürlich wird auf der Hauptbühne Musik gespielt, unter anderem von Xamba", sagt Dirk Werner.

Für 15 Uhr rufen die Veranstalter zum symbolischen Alarmschlagen auf. Mit Vuvuzelas, Megaphone, Mundorgeln, Trillerpfeifen und allem anderen was geeignet ist, um Krach zu machen, wollen die Demonstranten ein akustisches Zeichen gegen die Atompolitik der Regierung setzen. Außerdem planen Mitglieder der Gruppe Gorleben 365, die jeden Tag im Jahr zu einer besonderen Aktion nutzen wollen, um gegen das Atommüll-Zwischenlager in Gorleben zu protestieren, eine Blockade-Aktion. Weitere Informationen zum Programm gibt es im Internet, unter anderem auf der Seite www.lagatom.de .