Die neue Südvariante der Nordeuropäischen Erdgasleitung stößt auf Gegenwehr aus dem Rosengarten. Der Wald müsste durchquert werden.

Winsen. Der Energiekonzern E.on Ruhrgas, aber auch Naturschutzverbände, Naherholungssuchende, Städte und Gemeinden erwarten mit Spannung eine Entscheidung aus dem Kreishaus in Winsen. Anfang dieser Woche will der Landkreis Harburg bekannt geben, ob er ein Raumordnungsverfahren für den Bau der sogenannten Südvariante der Nordeuropäischen Erdgasleitung (NEL), die auch den Landkreis Lüneburg tangiert, für erforderlich hält. Damit entscheidet der Landkreis, ob die E.on-Tochter Open Grid Europe die Pipeline-Planung im Süden von Winsen wie beantragt weiter verfolgen darf oder Umwege in Kauf nehmen muss.

Vor allem Einwände des Forstamtes Sellhorn und der Stadt Winsen könnten die Erdgasleitung auf der 34,2 Kilometer langen Südvariante aus der Bahn bringen: Winsen wehrt sich gegen den Verlauf der Pipeline nördlich des Golfplatzes Green Eagle, weil das nach Ansicht der Stadt die städtebaulichen Entwicklungschancen erheblich einschränken würde.

Besonders groß ist der Widerstand im Landkreis Harburg gegen die Absicht, die NEL mitten durch den Klecker Wald zu führen. Das Forstamt Sellhorn kommt zu dem Schluss, dass ein "unüberwindlicher Raumwiderstand" vorliege. So nennen Planer berechtigte Gründe, die eine Umgehung erfordern.

In seiner Stellungnahme an den Landkreis hat Gerhard Netzel von den Niedersächsischen Landesforsten auf insgesamt 16 Seiten begründet, warum E.on die Erdgasleitung um den Klecker Wald herumführen müsste. Aus wirtschaftlicher Sicht zähle der Klecker Wald, der teils dem Land Niedersachsen und teils Privaten gehört, zu den produktivsten Wäldern im niedersächsischen Flachland. Ein Kahlschlag, wie er für die Trasse erforderlich wäre, würde erhebliche wirtschaftliche Verluste bedeuten. Kahlschlag in Ausmaß und Form der Baustelle ließen Folgeschäden am Wald durch Windwurf, Borkenkäfer und Rindenbrand erwarten, warnt der Waldexperte. Laut E.on und der 47 Seiten starken "Unterlage für die Raumverträglichkeit der Trassenanpassungen im Raum Winsen" ist für Baustellen im Wald ein 30 Meter breiter Arbeitsstreifen nötig. Sind die Rohre im Boden verlegt, muss aus Sicherheitsgründen ein 6,4 Meter breiter Streifen über der Pipeline "dauerhaft holzleer" bleiben. Eine Schneise also, die nicht mehr aufgeforstet werden dürfte.

+++ Dem Klecker Wald droht der Kahlschlag +++

Der Klecker Wald, so Gerhard Netzel, sei zudem ein Erholungsgebiet von herausragender Bedeutung. Der Forst mit seltenen geschützten Waldflächen sei demnach so bedeutend, dass er für die Erholung der Menschen im gesamten Ballungsraum Hamburg nicht zu ersetzen sei. Die Gemeinde Rosengarten hat sich der "dezidierten Argumentation" des Forstamtes Sellhorn angeschlossen. "Wir fordern ein Raumordnungsverfahren", sagt Bürgermeister Dietmar Stadie (SPD), "damit alle Einwohner ihre Bedenken vorbringen können". Das gilt auch für den Naturkindergarten Buchholz, dessen Kinder im Klecker Wald spielen: "Viele lieb gewonnene Plätze würden unwiederbringlich zerstört", befürchtet Matthias Freudenberg vom Naturkindergarten.

Einen Umweg der Erdgasleitung fordert auch die Stadt Winsen.

Sie sieht sich unzulässig in ihrer Planungshoheit eingeschränkt. Die von E.on beantragte Pipeline würde nördlich des Golfplatzes "Green Eagle" und südlich des Gewerbegebietes Luhdorf einen wichtigen städtebaulichen Entwicklungsraum queren. Hotels und Bungalows für Gäste der bekannten Golfanlage sind hier im Gespräch.

"Wir haben da ein wenig Bauchschmerzen", sagt Winsens Planungsleiter Alfred Schudy. "Wenn die Erdgasleitung das Areal durchschneidet, ist es schwer zu projektieren." Denn Hotels und Wohnungen der Golfanlage müssten stets mindestens 350 Meter entfernt von der Pipeline stehen. Diesen Richtwert hatte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg genannt und damit die erste Planung der Erdgasleitung im Norden von Winsen zu Fall gebracht.

Die Stadt Winsen fordert deshalb, die Trasse südlich um den Golfplatz herumzuführen und auch gleich das Naturschutzgebiet Rethmoorsee zu umgehen. Einen zwei Kilometer langen Umweg, so schätzt Schudy, würde das bedeuten. E.on will sich nicht dazu äußern, was dieser Umweg kosten würde.

Winsen fordert ferner, dass alle Hauptverkehrsachsen der Stadt, Autobahnen, Bundesstraßen und Schienenwege für den Bau der Erdgasleitung unterirdisch und damit in einem teueren Verfahren gequert werden. "Die Straßen sollten immer befahrbar bleiben, auch während der Bauzeit", sagt Alfred Schudy. Nach der Pleite vor dem Oberverwaltungsgericht bei der ersten Planung für die Erdgasleitung im Raum Winsen steht der Energieversorger E.on unter Zeitdruck.

Deshalb, argumentiert Winsens Planungsleiter, sei das Unternehmen an einvernehmlichen Lösungen interessiert und versuche zeitraubende Auseinandersetzungen vor Gericht zu vermeiden.