Das neue Streckenboot der Wasserschutzpolizei in Lüneburg “W7“ ist für Fahrten auf dem Strom geeignet. Der Vorgänger war nur kanaltauglich.

Lüneburg. Mit einem neuen Boot sind die Beamten der Wasserschutzpolizei aus Lüneburg auf Elbe und Elbe-Seitenkanal in diesem Jahr unterwegs. Bis zu 400 Schiffe kontrollieren die speziell ausgebildeten Polizisten im Jahr - und "irgendetwas ist fast immer", sagt Polizeihauptkommissar Klaus Friedrichs, Leiter der Einheit.

"W7" hat die Polizeiinspektion Lüneburg das neue Streckenboot schnörkellos getauft, in logischer Folge auf das an einen Privatmann verkauften Vorgängerboots "W6". Nummer sechs war laut Hans-Jürgen Felgentreu, Leiter der Polizeiinspektion, nicht flusstauglich. "Das war ein reines Kanalboot", sagte Felgentreu gestern bei einer Vorführung und Probefahrt. "Es hatte zu viel Tiefgang für die Uferbereiche der Elbe, außerdem war die Motorleistung nicht stark genug, um gegen die Strömung anzukommen."

Bisher musste die Polizei bei Patrouillen auf dem Fluss auf ihr Schnellboot zurückgreifen, doch auch das war für die Uferbereiche kaum geeignet. Das "W7" ist für die Wasserschifffahrtspolizei daher so etwas wie eine Eier legende Wollmilchsau: Es fährt auf dem Elbe-Seitenkanal und auf der Elbe, und für das Ufer des Flusses ist ein Schlauchboot an Deck befestigt, auf das die Beamten bei Bedarf umsteigen können.

Zwölf Beamte gehören der Wasserschifffahrtspolizei nach der Kürzung von ehemals 18 Mitarbeiterin noch an, sie kümmern sich um die gesamten Flüsse und Kanäle in der Region: 115 Kilometer Elbe-Seitenkanal vom Mittellandkanal bis zur Elbe, dazu sämtliche Häfen, Anleger, Lade- und Löschstellen auf der niedersächsischen Seite von Schnackenburg bis Hamburg sowie die Fluss- und Uferbereiche des Biosphärenreservats Niedersächsische Elbtalaue, außerdem Ilmenau und Jeetzel. Kümmern heißt in diesem Fall gar nicht so viel anderes als auf dem asphaltierten Transportweg, der Autobahn - außer, dass die Wasserschutzpolizisten ihre Arbeit während der Fahrt erledigen. "Wir steigen von unserem Boot auf das andere hinüber und kontrollieren vor Ort", erklärte Polizeihauptkommissar Friedrichs. Immer zu dritt sind die Beamten auf dem Boot, "wir kontrollieren Schiffspapiere, Attest, Zulassung, Technik und Beladung".

Doch vor allem kontrollieren die Beamten die Besatzung: Reicht die Qualifikation? Ist die Fahrdauer eingehalten? Auch Schiffsführer müssen ein Fahrtenbuch führen. Wer von der Besatzung wie viele Stunden am Steuer stand, können die Polizisten zwar nicht nachvollziehen - aber wie lange das Schiff insgesamt in Betrieb war.

Wann eine Pause gemacht werden muss, hängt von der Größe der Besatzung ab: Bei der Mindestbesatzung von zwei Leuten ist das bei einem 80-Meter-Schiff nach 14 Stunden, bei drei Mann nach 18 Stunden - und mit fünf Mann darf das Schiff rund um die Uhr fahren. Natürlich kontrollieren die Wasserschutzpolizisten auch die Geschwindigkeit der Boote und Schiffe auf Kanal und Fluss - und zwar per Laser: 15 Kilometer pro Stunde dürfen zum Beispiel Sportboote fahren, Binnenschiffe mit voller Beladung müssen Tempo zehn einhalten, leer können sie die zwölf auf der Tachonadel erreichen. "Am häufigsten beanstanden wir die Überschreitung der Fahrzeiten", sagt Klaus Friedrichs, "und die mangelnde Qualifizierung des Personals." Auch Binnenschiffer fahren unter immensem Druck, weiß der Beamte, "die müssen fahren, fahren, fahren, um Geld zu verdienen". Alkohol spielt auch ab und zu mit, die Polizisten sind eines Sonntagmorgens auf eine komplett betrunkene Besatzung gestoßen.

+++ Eine neue "Hafenkapitän" auf der Elbe +++

Friedrichs weiß auch, dass es Kritik gibt von Seiten der Binnenschiffer an einer Überkontrolle. "Dem wirken wir entgegen, indem wir die Drei-Monats-Frist aus der bundesweiten Datenbank der Schiffskontrollen einhalten. Bei Tankschiffen ist die Gefahr größer, da dürfen wir nach einem Monat erneut kontrollieren. Außerdem gilt die Frist nicht, wenn es einen Verdacht gibt."

Nahezu täglich ist ein Team der Zwölfer-Truppe mit der "W7" unterwegs, die Ausbildung der Beamten dauert neben dem Polizeijob zwei bis drei Jahre. "Ein Sportbootführerschein reicht nicht", sagt Polizeioberkommissar Dirk Müller. "Wir besuchen einen Fachlehrgang, machen einen speziellen Streckenbootführerschein sowie einen Radarschein und lernen Maschinentechnik." Dabei sind die Wasserschutzpolizisten gar nicht ausschließlich auf dem Wasser unterwegs - werden sie zum Beispiel in Gifhorn gebraucht, setzen sie sich für die Fahrt ins Auto. Mit dem Boot dauert die Tour viel zu lange. Und die Ilmenau fahren sie vielleicht einmal im Jahr mit einem kleinen Boot ab, sagt Müller, mehr sei nicht nötig. Eingesetzt wurden die Beamten auch bei den Castor-Transporten ins Zwischenlager Gorleben: Vom Wasser aus sollten die Polizisten patrouillieren und aufpassen, dass Atomkraftgegner keine Aktionen von der Elbe aus vorbereiten.

Das 16-Meter-Aluminium-Boot der Einsatzgruppe ist derweil kein wirklich neues Boot: Polizeidirektor Hans-Jürgen Felgentreu hatte die Wünsche der Lüneburger bei der zentralen Polizeidirektion angegeben, und als ein Boot an der Weser frei wurde, wechselte es zu Elbe und Elbe-Seitenkanal. 20 Jahre alt ist "W7", für 100 000 Euro wurde unter anderem die Navigations- und Funktechnik erneuert. Weitere 20 Jahre, schätzt Hauptkommissar Friedrichs, wird die Truppe mit "W7" Kanal und Fluss kreuzen können.