Amtsgericht Lüneburg verurteilt körperbehinderten Atomkraftgegner zu einer Geldstrafe

Lüneburg. Für die Unterzeichnung eines Aufrufes zum sogenannten Schottern der Castor-Strecke ist ein 51 Jahre alter Mann gestern vom Amtsgericht Lüneburg zu einer Geldstrafe von 375 Euro verurteilt worden. "Es ist richtig, dass ich auf der Homepage unterschrieben habe", sagte Gotthilf L. vor Gericht. Mit seiner namentlichen Unterstützung auf der Internetseite wollte er seine Solidarität mit den Aktivisten zum Ausdruck bringen, da er aufgrund einer Körperbehinderung nicht selbst an der Aktion hätte teilnehmen können, erläuterte L. Er habe aber niemanden direkt zu einer Straftat aufgefordert.

Das Gericht folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft. "Sie haben sich mit der Solidaritätsbekundung die Erklärung zu eigen gemacht", sagte der Vorsitzende Richter Rüdiger Hobro-Klatte in der Urteilsbegründung. Damit habe der 50-Jährige aus Tübingen öffentlich mit dazu aufgerufen, den Gleiskörper zu manipulieren. In der vor Gericht verlesenen Erklärung vom Oktober 2010 hieß es: "Wir sind entschlossen, massenhaft Schotter aus dem Gleisbett zu schaffen und damit die Strecke zu unterhöhlen." Es sei dem Angeklagten aber anzurechnen, dass er aus verständlichen Motiven gehandelt und die Tat offen zugegeben habe.

Während der Urteilsbegründung kam es mehrfach zu Zwischenrufen aus dem Publikum, in dem zahlreiche Unterstützer der Anti-Atom-Bewegung saßen. Gotthilf L., der zum Zeitpunkt der Unterzeichnung Landtagskandidat der Linkspartei in Baden-Württemberg war, hatte vor Prozessbeginn eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 100 Euro abgelehnt. Das Gericht räumte ihm wegen seiner schwierigen wirtschaftlichen Situation eine Ratenzahlung der Strafe ein. Er hat auch die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden. Wegen der geringen Höhe der Strafe muss die nächste Instanz die Berufung aber nicht annehmen.

Das sogenannte Schottern kam 2010 im Wendland als Protestform auf. Dabei versuchen Aktivisten Schottersteine aus dem Gleisbett zu entfernen, um so den Castor-Zug an der Weiterfahrt in Richtung des Atommülllagers Gorleben zu hindern.

Bei dem umstrittenen Salzstock in Gorleben handelt es sich um sogenanntes Zwischenlager, er könnte aber auch zu einem Endlager werden. Die Bundesregierung will nämlich in ganz Deutschland nach einem geeigneten Standort forschen lassen. Dass Gorleben in die Auswahl kommt, ist nicht ausgeschlossen.