Warnstreik: Beschäftigte im öffentlichen Dienst demonstrierten auf dem Marktplatz und forderten mindestens 200 Euro mehr im Monat.

Lüneburg. Mit Trillerpfeifen und Transparenten haben sich gestern Beschäftigte des öffentlichen Dienstes auf dem Lüneburger Marktplatz versammelt. Etwa 500 Frauen und Männer waren dem Aufruf zum eintägigen Warnstreik der Gewerkschaften Ver.di und kombat gefolgt. Auch mehr als 100 Beschäftigte aus Uelzen waren in die Hansestadt gekommen. "Wir sind es wert" stand auf den Transparenten, die auf dem Marktplatz zu sehen waren. Damit spielten die Streikenden auf die Forderungen der Gewerkschaften in den Tarifverhandlungen an. 6,5 Prozent mehr Lohn oder mindestens 200 Euro mehr im Monat wollen die zwei Millionen Angestellten im öffentlichen Dienst bundesweit künftig verdienen. Die Arbeitgeber haben diese Forderung bisher ohne Gegenangebot abgelehnt.

In Lüneburg haben sich unter anderem Beschäftigte der Stadt, der Sparkasse, des Klinikums und der Kindertagesstätten an dem Ausstand beteiligt. Matthias Hoffmann, Ver.di-Bezirksgeschäftsführer in Lüneburg, war begeistert von der großen Beteiligung. "Wir wollen mit dieser Aktion heute hier ein Zeichen für die nächste Verhandlungsrunde setzen", sagte Hoffmann. Auch sei der Marktplatz vor dem Rathaus der richtige Ort, um dieses Zeichen zu setzen. Schließlich solle auch Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD), der für die kommunalen Arbeitgeber an den Verhandlungen beteiligt ist, wissen, wie ernst es den Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist. Mädge teilte mit, er halte die Lohnforderungen der Gewerkschaften für "total utopisch". 6,5 Prozent würden für die Stadt Lüneburg mehr als zwei Millionen Euro Mehrausgaben jährlich bedeuten.

+++ Warnstreik: Zwei Stunden kein Bier gebraut +++

"Es wird immer schwieriger. Es wird immer mehr Personal abgebaut, und wir sollen gleichzeitig immer mehr Aufgaben erfüllen", sagte Evelin Körtge, die seit 28 Jahren als Erzieherin arbeitet. "Miete, Benzin, Strom - alles wird teurer, das können wir uns einfach nicht mehr leisten."

Vielen Bediensteten im öffentlichen Dienst fehlt es an Anerkennung ihrer Leistung durch die Arbeitgeber. Andreas Bahr, der im Städtischen Klinikum beschäftigt ist, ärgert sich über die Verhandlungsstrategie der Arbeitgeber. Die Forderungen der Arbeitnehmer pauschal als zu hoch abzulehnen, ohne ein verhandlungsfähiges Angebot zu präsentieren, sei unseriös. "Zwar sagen viele, ein Job im öffentlichen Dienst ist sicher. Aber man muss doch von seinem Lohn auch eine Familie ernähren können. Und in den vergangenen Jahren ist der Reallohn bei uns gesunken." Ähnlich äußerte sich auch Lennard Aldag, Regionsgeschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Nordostniedersachsen. "Dass die Kassen der Kommunen leer sind, haben nicht wir zu verantworten. Wir haben das Geld nicht in der Finanzbranche verzockt", sagte Aldag und erntete viel Beifall.

Aber auch steigende Arbeitsbelastung und die verlängerte Lebensarbeitszeit waren Themen der Redner. Ein Beschäftigter aus dem Bauhof Uelzen klagt: "Wir sollen mehr schaffen mit weniger Leuten. Und dann noch arbeiten, bis wir 67 Jahre alt sind. Dazu kommt die körperliche Belastung in unserem Job. Mit dem Gehalt können wir es uns nicht leisten, ein oder zwei Jahre früher in Rente zu gehen."

Auch Eva Köhler beteiligte sich am Streik. Die 28-Jährige arbeitet als Finanzbuchhalterin in der Lüneburger Stadtkasse. Sie stört sich vor allem an den Arbeitsbedingungen für Berufseinsteiger und junge Nachwuchskräfte. "Es ist nicht leicht, sich etwas aufzubauen, wenn man immer nur befristete Verträge erhält. Wir wollen auch gerecht bezahlt werden." In die Gewerkschaft eingetreten sei sie, "weil nur eine starke Gemeinschaft die Forderungen auch durchsetzen kann."

Das sieht Sebastian Kaduk ganz ähnlich. Der 27-Jährige ist bei der Sparkasse Lüneburg angestellt und hat sich schon als Auszubildender für die Forderungen gerade der jungen Arbeitnehmer stark gemacht. "Es wird immer gesagt, dass es zu wenige Kinder in Deutschland gibt. Aber eine Familie mit diesem Gehalt zu gründen, ist schwer." Deutschland stehe derzeit im europäischen Vergleich wirtschaftlich nur so gut da, weil die Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren nicht angemessen an den Gewinnen beteiligt wurden. Frank Triebe, Ver.di-Mitglied und Beschäftigter im Psychiatrischen Klinikum Lüneburg stellt sich auf einen Arbeitskampf ein. "Es kann sein, dass es länger dauert." Die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst werden kommende Woche fortgesetzt.