Das Konzept der Ausstellung wurde komplett überarbeitet. Die Sanierung von Gebäude und Vorplatz kostete insgesamt eine Million Euro.

Lüneburg. 15 Jahre lang war er Baustelle, jetzt ist er schick: der Vorplatz vor dem Lüneburger Wasserturm. Doch neue Fahrradständer, Pflastersteine und Bänke sind ein Witz gegen das, was sich innerhalb des langen Lulatsches getan hat. Der 105 Jahre alte Turm ist einmal von oben bis unten durchsaniert, die Ausstellung komplett umgestaltet.

Es ist zwölf Jahre her, da stand ein Herr im just eröffneten Wasserturm und fragte Rüdiger Hedde, ob er vielleicht Geld brauche. Rüdiger Hedde ist der Vorsitzende des Fördervereins Wasserturm und der Mann, der es möglich machte, dass der 1985 außer Betrieb gegangene Riese seit 1997 nicht mehr verwahrlost, sondern seit Juni 2000 Schüler der nahen Hauptschule Besucher durch den Turm führen.

Der Gast, der Hedde damals Geld anbot, war der Geschäftsführer der Lüneburger Firma Clage, Hersteller von Durchlauferhitzern und Armaturen. Clage blieb seiner Unterstützung für das thematisch passende Projekt treu - und beteiligte sich auch an den jüngsten Kosten für die neue Ausstellung.

Freilich nicht als Einziger. Die Gesamtkosten für Sanierung und Neukonzeption lagen schließlich bei mehr als einer Million Euro.

Als Dachpfannen auf Vorplatz und Schulhof fielen, war die Zeit des Wartens vorbei. Das war Anfang 2007. Rüdiger Hedde ging zu Oberbürgermeister Ulrich Mädge, sagte frei heraus, wie die Lage ist: Der Förderverein Wasserturm könne das Gebäude nicht aus eigenen Mitteln sanieren. Mädge brachte die Europäische Union (EU) ins Spiel, eine Million Euro wurden beantragt. Bewilligt hat die EU 540 000 Euro - unter der Bedingung: Das gesamte Konzept muss umgesetzt werden.

Hedde musste also von neuem suchen, nach Geldgebern, Einnahmen, Spenden. Er fand die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung, Stadt und Landkreis Lüneburg, die Stiftung Hof Schlüter, die Sparkasse Lüneburg, die Firma Clage. Und er fand zusätzliche Ertragsquellen: Die Besucherzahl stieg binnen fünf Jahren von 46 000 auf 79 000, die Zahl der Trauungen stieg von 70 vor wenigen Jahren auf 119 im vergangenen Jahr, und die Veranstaltungsplattform wird immer häufiger vermietet.

"Uns war klar: Wir müssen wachsen", sagt Hedde heute rückblickend - und zufrieden. Denn das ist dem Verein und seinen vielen ehrenamtlichen Helfern gelungen, allen voran Hilde Rosenbaum. Nur so konnte der Förderverein auch selbst 270 000 Euro in die Rundumsanierung stecken: die Reparatur der Hülle und der Ecktürmchen, die energetische Sanierung mit Doppelfenstern, die Deckendämmung, die Abschlüsse zwischen den einzelnen Geschossen, die Erweiterung der Heizungsanlage besonders für den Veranstaltungsbereich im Winter, die Umstellung auf stromsparende LED-Leuchten - und die der Ausstellung. Denn auch die war veränderungsbedürftig, sagt Hedde. "Das Konzept war von vor 15 Jahren, veraltet, überholt."

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Ziel der ersten Tafeln war einmal, den Besuchern klarzumachen: Wasser ist ein kostbare Gut. "Das wissen die Menschen aber heute", sagt Rüdiger Hedde, einstiger Direktor der Hauptschule Stadtmitte. Er wollte ihnen daher andere Dinge zeigen. Und beauftragte Dr. Lars Wohlers vom Lüneburger Büro "Kon-tiki" mit einem neuen Ausstellungskonzept.

Dem Öko-Kulturwissenschaftler, durch die Kindheit im Orient mit einem anderen Verhältnis zu Wasser ausgestattet als der in Westeuropa Aufgewachsene, war schnell klar: "Die Besucher kommen eigentlich gar nicht wegen der Ausstellung in den Wasserturm, sondern um den herrlichen Blick von der Aussichtsplattform über das historische Lüneburg zu genießen."

Also heißt es, die Besucher einzufangen. Damit sie sich doch noch für das Thema Wasser interessieren. Dafür, dass für die Herstellung einer Tasse Kaffee 798 Tassen Wasser benötigt werden. Für ein Ei 200 Liter, für ein Kilogramm Zucker 1500 Liter, für ein Brötchen 80 Liter, für ein Kilo Rindfleisch 15 450 Liter und für ein Blatt Papier zehn Liter.

Dafür, dass es in der ganzen Welt in den vergangenen 50 Jahren mehr als 500 Konflikte um Wasser gegeben hat. Dass diese Konflikte nicht auf Palästina, Israel und Ägypten beschränkt sind, sondern auch vor der Haustür stattfinden: zwischen Hamburg und der Region Lüneburger Heide.

Das Interesse der aus dem Fahrstuhl Steigenden oder die Treppen Hochkommenden auf sich lenken soll als Erstes etwas laut Wohlers deutschlandweit Einzigartiges: das interaktive Modell einer Wasserkunst. "Kunst hießen die Anlagen, weil die Menschen damals die Technologie, Wasser aus der Ilmenau per Mühle und Kolbenpumpen hinauf bis in die öffentlichen Wasserkisten zu befördern, als wahre Kunst ansahen", erzählt Wohlers, der gemeinsam mit dem Reppenstedter Tischler Kai Kapak viele Stunden zu den jahrhundertealten Anlagen recherchiert hat. "Ratswasserkunst" heißt in Lüneburg denn auch der Turm des heutigen Hotels Bergström im Wasserviertel.

Von der Historie und dem Fakt, dass sich im Mittelalter nur Millionäre respektive Sülfmeister und Patrizier sauberes Wasser leisten konnten, führt die Ausstellung dann zum virtuellen Wasser, dem entscheidenden Wasser-Thema von heute. 4000 Liter davon verbraucht jeder Deutsche im Schnitt. Täglich. Ein Besuch lohnt also.