In den evangelischen Kirchengemeinden Niedersachsens werden am 18. März Kirchenvorstände gewählt. Ihre Arbeit ist noch wenig bekannt.

Winsen/Lüneburg. Eine Kirchengemeinde ist im Grunde so etwas wie ein kleines Dorf. Ihre Mitglieder sind vergleichbar mit den Einwohnern, ihr Kirchengebäude könnte das Rathaus sein, sie besitzt Kindergärten oder Pflegeeinrichtungen, und die übrigen Gebäude und Länderein vervollständigen das Bild der Stadt im Miniaturformat. Wenn man diesen Gedanken nun weiterverfolgt, ist der Pastor so etwas wie der Bürgermeister und der Kirchenvorstand der Gemeinderat, der über wichtige Angelegenheiten im Ort entscheidet.

Dementsprechend sind auch die alle sechs Jahre anstehenden Wahlen zum Kirchenvorstand ein bedeutungsvolles Ereignis. Dann werden die Akteure benannt, die weiterhin über die Geschicke der Kirchengemeinde bestimmen sollen - und die neben der theologischen und spirituellen Seite, die nach außen hin eher Pastor oder Superintendent verkörpern, für das große Ganze unverzichtbar sind.

Am Sonntag, 18. März, stehen diese Wahlen in allen evangelischen Gemeinden in Niedersachsen an - und damit auch in den Kirchenkreisen Hittfeld, Winsen, Lüneburg und Bleckede. Viele Gemeindemitglieder werden sich vor diesem Termin aber die Frage stellen, was überhaupt zu den Aufgaben des Kirchenvorstands gehört. Entscheidet er über die Verwendung der Kollekte oder über die Erneuerung der kaputten Dachrinne? Stellt er die neue Kindergärtnerin ein oder beschließt er die Einführung eines Taizé-Gottesdienstes?

Konstantin von Diest, seit zehn Jahren Kirchenvorstand, davon acht in der Kirchengemeinde Hittfeld, weiß die Antwort: Es ist von allem etwas. In enger Abstimmung mit den Pastoren und den Gemeindemitgliedern ist der 15-köpfige Vorstand in seiner Heimatgemeinde sowohl für Finanzen und Personal als auch für Bauunterhaltungen und Verwaltung, Konfirmandenunterricht und Gottesdienste verantwortlich. "Wir machen alles, was regelmäßig anfällt, und dazu kommen einige zeitlich begrenzte Projekte", sagt von Diest.

Er selbst werde bei den Wahlen nicht erneut antreten, weil ihn seine Arbeit als Leiter der technischen Entwicklung eines Maschinenbau-Betriebs zu sehr in Anspruch nehme, erklärt der 49 Jahre alte Familienvater. Dennoch wolle er in der Gemeindearbeit aktiv bleiben, etwa mit Konzerten, die er gemeinsam mit seiner Frau gibt, oder mit Glaubenskursen.

"Ruhm und Ehre erntet man als Kirchenvorstand nicht", räumt von Diest ein. Man mache diese Arbeit nicht um des Titels willen, sondern um Verantwortung für die Gemeinde zu übernehmen und sich für die Führung zur Verfügung zu stellen. Dieses System der Selbstbestimmung in der Kirchengemeinde, in dem sich jeder einbringen dürfe, könne nur funktionieren, wenn sich immer wieder Freiwillige fänden.

"Friedhöfe und Kindergärten sind die Dauerbrenner", sagt er. Das seien Einrichtungen, die permanent betrieben werden müssten und bei denen laufend Entscheidungen über Personal, Installationen oder geänderte Betreuungszeiten anstünden. Was das angehe, sei die Kirchengemeinde ein reiner Dienstleistungsbetrieb. Immer wieder müsse entschieden werden, in welchem Gebäude die Fensterscheiben ausgebessert werden sollen, wer die Angebote von Firmen einholt und die Bauarbeiten abwickelt. In der Hittfelder Kirchengemeinde gilt das für zwei Kirchengemeinde, zwei Gemeindehäuser und drei Pastorenwohnungen. Es ist aber nicht immer der gesamte Kirchenvorstand, der Entscheidungen treffen muss. Vieles geschieht in den einzelnen Fachausschüssen.

Ein weiterer Bereich ist das Gemeindeleben selbst, das sich aus Gottesdiensten, Veranstaltungen, Kirchenmusik, Treffs und Jugendfreizeiten zusammensetzt. "Auch da muss alles geregelt werden", sagt von Diest und meint damit Fragen wie: Welche Inhalte wollen wir, woher kommen die Notenblätter, und wo wird geprobt?

Große Projekte wie den Bau eines neuen Glockenturms hält er für die Schmankerl in der Gemeindearbeit, die weit über die administrativen Routine-Aufgaben hinausgehen. In der Hittfelder Kirchengemeinde werde beispielsweise schon seit Jahren über den Bau eines Gemeindehauses diskutiert, weil das alte Gebäude so einige Mängel habe. Nur wirklich vorangekommen sei man bisher noch nicht. Neuzugänge im Kirchenvorstand könnten sich also voller Elan auf diese Aufgabe stürzen.

Die Einstellung "Einfach mal machen" hält von Diest für die richtige Herangehensweise eines Kirchenvorstehers. "Man darf nicht immer zaudern und zögern, sondern muss einfach was anpacken." Dennoch hält er es für wichtig, eine Kirchengemeinde nicht mit einer Firma zu verwechseln. Es gehe darum, Bedingungen zu sichern, unter denen Glaubensarbeit fruchten kann.