In der Winsener Marienkirche sprach Landesbischof Ralf Meister vor rund 400 Zuhörern aus den Kirchenkreisen Hittfeld und Winsen über Schönheit

Winsen. Für einen Antrittsbesuch war es genau genommen etwas spät, immerhin hatte Landesbischof Ralf Meister bereits vor fast einem Jahr das höchste Amt der evangelischen Landeskirche Hannover von seiner Vorgängerin Margot Käßmann übernommen. Doch dass Winsen erst jetzt Station auf Meisters Tour durch die 56 Kirchenkreise in seinem Gebiet war, nahm ihm die Gemeinde nicht weiter übel.

Aus den Kirchenkreisen Winsen und Hittfeld, die den Besuch mit ihrem gemeinsamen Jahresempfang verbanden, waren rund 400 Menschen am Dienstagabend in die St. Marienkirche gekommen, um den Landesbischof kennenzulernen. Bis in die letzte Reihe saßen sie dicht an dicht - und lauschten, was Ralf Meister zum Thema Schönheit zu sagen hatte.

Dass der bekennende Autofan dabei zuerst an einen alten Mercedes dachte, und ausführlich über die Faszination sprach, die von dessen Proportionen und Glanz ausgehe, sorgte für einige irritierte Blicke im Publikum. Doch die Schönheit der Dinge sei nun einmal etwas, das eine große Rolle im Leben vieler Menschen spiele, meinte Meister. Und wies sogleich auf die Gefahr hin, die entstehen, wenn die Identifikation mit schönen Objekten allzu intensiv werde. "Schönheit ist heute ein Teil des Marktes. Doch ein Mensch ist mehr als das, was er besitzt."

So habe ihn der Anblick eines ausgestellten, äußerst teuren Bugatti zunächst fasziniert, doch sogleich abgeschreckt. "Werden zum Beispiel Autos wie etwas Göttliches behandelt, ist das ein materialistischer Missbrauch des Objektes." Was Meister schon bei diesen Gedanken zur Schönheit der Dinge andeutete, sprach er bei seinem zweiten Punkt - der Schönheit der Natur - etwas deutlicher an. "Schönheit entsteht in der Ansicht." Dinge wie Landschaften seien nicht objektiv schön. Sondern: "Schönheit entsteht erst in unserer Wahrnehmung." So sei gerade in der Natur, in beeindruckenden Landschaften für viele Menschen das Wesen Gottes erkennbar. "Oft machen Menschen in der Natur Erfahrungen, die sie der Religion näher bringen." Doch auch hier bestehe die Gefahr, die Natur lediglich zu nutzen und ihre Schönheit nicht zu erhalten.

Als Meister schließlich über die Menschen sprach, deren Schönheit ebenfalls erst in der Ansicht durch andere entstehe, nickten einige Zuhörer bekräftigend mit dem Kopf. Auf einen solch sozialen Aspekt im Vortrag des Landesbischofs hatten sie offenbar gehofft. Dieser mahnte, öfter mal genauer hinzusehen, sich den Frierenden, Trauernden, Kranken zuzuwenden. "Was geschieht mit denen, die aus unserem Blickfeld hinausgefallen sind?"

Die Schönheit dieser Welt, Ralf Meister umriss sie am Beispiel der Dinge, der Natur und der Menschen, die allesamt erst durch ihre Ansicht für den Betrachtenden schön werden. So sei diese Schönheit auch immer eine fragmentarische, resümierte der Landesbischof. "Schönheit vergeht." Die letzte Dimension der Schönheit erlebten die Menschen erst nach dem Tode, wenn sie all das Vergangene wiederträfen. "Bis wir aber dahin gehen, trösten wir uns mit schönen Dingen - auch mal mit einem fröhlichen Lied", sagte Meister und zitierte zum Abschluss seines Vortrags Roy Black: "Schön ist es auf der Welt zu sein, sprach die Biene zu dem Stachelschwein."