37-Jähriger vom Amtsgericht Lüneburg wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz verurteilt

Lüneburg. Ob Kevin J.s Statur eher zierlich oder athletisch war, bevor er zum ersten Mal in einem Fitnessstudio trainiert hat, lässt sich heute nicht mehr sagen. Nach 15 Jahren kontinuierlichen Trainings sieht der Lüneburger aus, wie man sich einen Bodybuilder vorstellt: viel kompakte Muskelmasse strategisch am gedrungenen Körper verteilt, der Schädel rasiert. Der bullige Mann auf der Anklagebank hat aber in seiner Vergangenheit nicht nur Gewichte gestemmt. Neben seinem Job in einem Geschäft für Sportbekleidung verdiente sich der 37-Jährige offenbar ein illegales Zubrot mit dem Verkauf von Anabolika.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm in der Anklage vor, Arzneimittel zu Dopingzwecken gehortet und damit einen schwunghaften Handel betrieben zu haben. Zehn Minuten lang verliest der Staatsanwalt die Namen der Präparate und Wirkstoffe, die Polizisten bei einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten vor vier Jahren gefunden haben. Kevin J. hört unbewegt zu, starrt auf die Tischplatte vor sich, die Unterarmmuskeln angespannt.

Nandrolon, anabole Steroide, Testosteron und Clenbuterol, ein Mittel, das gegen Asthma helfen soll und illegal in der Kälbermast Anwendung fand, bis auch Sportler auf seine leistungssteigernde Wirkung aufmerksam wurden, hatte der Kraftprotz im Angebot. Pulver, Tabletten, Kapseln und Hunderte Ampullen nahmen die Beamten bei der Durchsuchung der Wohnung des Bodybuilders mit.

Auf die Frage des Richters gesteht Kevin J. sofort. "Ja, die Sachen gehörten mir, das gebe ich zu", sagt der Angeklagte. Inzwischen habe er aber sein Leben geändert, sei klüger geworden. Vier Jahre liegen zwischen der Durchsuchung, die ihm das Strafverfahren einbrachte, und dem Tag der Urteilsverkündung. Die Zeit reichte Kevin J. aus, um alle Stadien einer Beziehung zu durchleben. Vor vier Jahren war er mit seiner Freundin verlobt, dann heiratete er und ist heute bereits geschieden von der Frau.

Länger hielt hingegen die Beziehung zu seinem Arbeitgeber. Noch immer arbeitet Kevin J. in der Sportartikelbranche, neuerdings als Geschäftsführer. Die Firma, die unter anderem von seinem Bruder geführt wird, habe sich inzwischen aus dem Bekleidungsgeschäft zurückgezogen und konzentriere sich heute eher auf den Großhandel, lässt der Angeklagte das Gericht wissen. Viel verdienen könne er da auch als Geschäftsführer nicht. Nur etwas mehr als 700 Euro blieben ihm monatlich.

Der Staatsanwalt fordert eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt auf Bewährung. Der Verteidiger von Kevin J. plädiert für eine mildere Strafe, ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe hält er für angemessen. Der Richter spricht den Angeklagten schuldig, gegen die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes verstoßen zu haben. "Und dafür müssen wir Ihnen hier die Hammelbeine lang ziehen", sagt der Richter. Kevin J. erhält eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, ausgesetzt zur Bewährung.