Beweise reichen nicht aus. Bauwagenbewohner wollen weiter containern gehen

Lüneburg. Schlappe für die Lüneburger Staatsanwaltschaft: Die 7. Kleine Strafkammer hat Karsten Hilsen, 52, vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs freigesprochen. Die Anklage hatte auf eine Geldstrafe in Höhe von 75 Euro plädiert, das Amtsgericht hatte Hilsen zuvor zu 125 Euro verdonnert. Seine Berufung dagegen war jetzt erfolgreich.

Erfolgreicher als vor dem Amtsgericht war Hilsen vorm Landgericht bereits zu Beginn des Verfahrens: Da bewilligte ihm das Gericht unter der Vorsitzenden Richterin Sabine Philipp nach anfänglicher Ablehnung einen Pflichtverteidiger - auch das hatte das Amtsgericht zuvor abgelehnt.

Verteidiger Martin Lemke hatte dann an seinen zwei Prozesstagen mehrfach beantragt, das Verfahren einzustellen. Es entfalte "ein Ausmaß an Lächerlichkeit in ungeahnter Größe", hatte der Jurist gesagt.

Die Staatsanwaltschaft ging darauf jedoch nicht ein, bestand auf die Fortführung des Prozesses gegen den Mann, der am 8. August 2010 einen Müllsack voller Kekspackungen aus dem Müllcontainer der Firma Dr. Scholze Confisérie im Industriegebiet Hafen geschafft haben soll. Die Kekse, allesamt Rückstellungsmuster, waren abgelaufen und hatten laut der Firma keinerlei Wert mehr. Sie seien auch nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet gewesen.

Doch nach der Vernehmung der Wachleute, die Hilsen auf der Straße mit dem Beutel Kekse erwischt hatten, äußerte das Gericht jetzt letzte Zweifel, ob er wirklich auf dem Gelände gewesen war. Klare Beweise lieferten die Zeugenaussagen von Wachmännern und Polizisten nicht. Freispruch.

Hilsens Unterstützerin und Bauwagen-Nachbarin, die Polit-Aktivistin Cécile Lecomte, sagte im Anschluss: "Das Verfahren hat unserem Protest gegen die Wegwerfgesellschaft Öffentlichkeit geschaffen. Aber wir klagen auch an, nämlich die Staatsanwaltschaft, die die Verantwortung für dieses absurde Verfahren und den dazugehörigen Aufwand trägt." Grund sei Hilsens politisches Engagement, vermutet Cécile Lecomte.

Gleichzeitig kündigte sie an: Hilsen und seine Mitstreiter werden weiterhin Lebensmittel aus Müllcontainern von Supermärkten oder Lebensmittelherstellern fischen. "Containern" heißt das. Containern wird Karsten Hilsen allerdings nicht noch einmal bei Scholze - das jedenfalls hatte er während des Prozesses mehrfach zugesichert. Allerdings hatte er auch mehrfach betont, wie gut ihm die Kekse der Firma schmeckten. Will er sie jedoch essen, wird er sie kaufen müssen.