Landkreis Harburg ist skeptisch: Rettungsdienst müsse trotzdem europaweit ausgeschrieben werden

Winsen/Lüneburg/Stade. Die niedersächsischen Rettungsdienst-Träger sollen künftig mehr Spielraum in der Frage haben, welche Organisationen oder Firmen sie als Dienstleister beauftragen. Der Landtag in Hannover hat mit der Änderung des Rettungsdienstgesetzes nun den Weg dafür frei gemacht. Neu ist vor allem das sogenannte Konzessionsmodell: Es erlaubt den Rettungsdienstträgern - im südlichen Hamburger Umland sind es die Landkreise -, Dienstleister zu beauftragen, die selbstständig mit den Krankenkassen abrechnen und damit auch das volle unternehmerische Risiko tragen. Verbreitet ist bislang das sogenannte Submissionsmodell, bei dem die Rettungsdienste von den Rettungsdienstträgern bezahlt werden.

Innenminister Uwe Schünemann (CDU) spricht von "neuen Chancen": "Die Vergabe von Konzessionen unterliegt - anders als die Beauftragung nach dem Submissionsmodell - nicht den strengen vergaberechtlichen Vorschriften." Mit anderen Worten: Die Landkreise könnten deutlich stärker beeinflussen, wen sie damit beauftragen, den Rettungsdienst wahrzunehmen. Die Verantwortlichen im Landkreis Harburg zeigen sich enttäuscht von der Gesetzesänderung. Sie hoffen nun auf Vorgaben, die es ermöglichen, den Rettungsdienst aus dem europäischen Vergaberecht herauszunehmen.

"Wir wollen weiter mit unseren seit Jahrzehnten verlässlichen Partnern, dem Deutschen Roten Kreuz und der Johanniter-Unfall-Hilfe, zusammenarbeiten", sagt Bernhard Frosdorfer, ein Sprecher der Kreisverwaltung. Und das Thema ist in Winsen brandaktuell. Denn der Landkreis Harburg wird in diesem Jahr einen Auftrag für zusätzliche Rettungskapazitäten ausschreiben - und dabei offenbar beim Submissionsmodell bleiben. Letztendlich, so Frosdorfer, ändere sich deshalb mit der Gesetzesnovelle "eigentlich nichts". Der Landkreis habe vorher europaweit ausschreiben müssen und müsse es auch weiterhin.

Hintergrund: Die EU fordert bei den Rettungsdiensten eine europaweite Ausschreibung ohne Berücksichtigung einer Besonderheit, die es so nur in Deutschland gibt. Diese liegt in einem Miteinander von hauptamtlichen Angestellten und ehrenamtlichen Helfern. Dieses seit Jahrzehnten gewachsene Konstrukt wäre in Gefahr, wenn in Zukunft der preiswerteste Anbieter den Zuschlag bekäme, meinen Branchenkenner.

Für die Landkreise Lüneburg und Stade wird die Gesetzesänderung ebenfalls zunächst keine Auswirkungen haben - wenn auch aus einem anderen Grund: Eine Ausschreibung ist nur notwendig, wenn sich am Umfang der Leistungen etwas ändert. "Der Landkreis Lüneburg hat bestehende Verträge mit bestimmten Partnern, das sind der ASB und das DRK. Es gibt momentan keinen Anlass, an denen etwas zu ändern", sagt Kreis-Sprecherin Katrin Peters. Ähnlich sieht es in Stade aus, wo das DRK und an bestimmten Wochenenden Johanniter und Malteser Rettungsdiensteinsätze fahren. Landrat Michael Roesberg: "Der Rettungsdienst ist hervorragend. Wir brauchen erst mal keine Ausschreibung."