Mein Wirt: Wir stellen Gastronomen vor, die Küche, Einkauf und Service selber machen. Heute: Catrin und Andre Tätzler der Vereinskneipe Mein Treffer.

Lüneburg. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Die alte Fußballweisheit gilt auch für die Kicker des VfL Lüneburg. Aber bevor sie die Schwächen des kommenden Gegners analysieren, stärken sich die meisten nach Abpfiff erst einmal ausführlich in der Vereinskneipe Zum Treffer.

"Ihre Bratkartoffeln sind der Hit", sagt Marcus Stegen mit einem Blick auf Catrin Tätzler, die im Vereinsheim am Herd steht. Auf ein Lieblingsgericht festlegen, will sich der Platzwart nicht. "Die Frikadellen sind sehr gut und das Chilli con Carne letztens war auch sehr lecker", sagt er mit einem Grinsen.

Catrin Tätzler kommen nur frische Produkte in Topf und Pfanne. "Hier ist alles selbst gemacht, die Soßen, Salatdressing und alles andere. Aus der Tüte kommt hier nix", sagt die 46-Jährige resolut. Jedes Schnitzel klopft sie selbst, das Hack für die Frikadellen ist selbstverständlich immer frisch, genau wie das Gemüse, das sie vom Bauern in Deutsch Evern bezieht.

"Wir haben mit Absicht die Karte klein gehalten", sagt Andre Tätzler, "damit wir die Frische garantieren können." Gekocht wird auf engstem Raum: Nur zehn Quadratmeter misst die Küche im Vereinsheim. Häufig gibt es etwas Besonderes, zu Turnieren oder zu den Spielen am Wochenende. "Je nachdem, was ich gerade da habe, gibt es mal Hamburger, Cordon Bleu oder Grünkohl", sagt die Köchin. Wer etwas Süßes zum Kaffee mag, kann sich häufig über selbstgebackenen Kuchen freuen.

Pflegeleicht seien sie, die Sportler, aber nicht anspruchslos, sagt Catrin Tätzler. "Unsere Sportler essen gern Fleisch." Das gelte für die Jugendlichen und die Erwachsenen, die in dem Lüneburger Verein trainieren. Deren geschmacklichen Vorlieben unterschieden sie sich nicht besonders von denen der Soldaten im Mannschaftsheim der Theodor-Körner-Kaserne, für die Mutter eines Sohnes zwei Jahrzehnte Schnitzel, Bockwurst, Bauernfrühstück und andere Klassiker der Hausmannskost auf die Teller gezaubert hat.

"Jahrelange Küchenerfahrung habe ich", sagt Catrin Tätzler, die vormittags in Melbeck in der Schulkantine kocht. Seit einem halben Jahr steht sie nun auch nachmittags am Herd - im Vereinsheim des VfL. Im August hat sie gemeinsam mit ihrem Mann Andre die Vereinskneipe übernommen.

Mit Unterstützung des VfL haben die Gastronomen das Lokal in zwei Tagen renoviert und alte Regeln geändert. Das bedeutet vor allem: Inzwischen wird vor der Tür geraucht. Das ist den Tätzlers wichtig. "Hier sind auch viele Kinder unterwegs. Und für die sollten wir ein Vorbild sein", sagt Catrin Tätzler. Marcus Stegen nickt zustimmend. "Obwohl ich selbst rauche, finde ich es richtig, auf die Kinder Rücksicht zu nehmen und den Schritt vor die Tür zu machen".

Die Liebe zum Verein wird im Treffer selbstbewusst, aber nicht kämpferisch gepflegt. "Hier geht es sehr familiär zu, man kennt sich", sagt Andre Tätzler. Nicht nur Sportler, sondern auch viele Lüneburger, die an den Sülzwiesen wohnen, kommen zum Essen in die Kneipe am Grasweg. Seit neuestem trifft sich hier auch regelmäßig ein Sparclub.

Spielt die Mannschaft des Kreisligisten nicht, wird im Treffer Bundesliga geguckt. Einträchtig sitzen dann HSV-Fans neben Anhängern des FC St. Pauli und Werder-Bremen-Fans. Außer VfL-Wimpeln und anderen Fußballdevotionalien, wie man sie in Vereinsheimen erwartet, fällt ein Trikot besonders auf. Auf gelbem Untergrund leuchtet ein schwarzes D. "Das musste sein", sagt Andre Tätzler, der aus Dresden stammt und Dynamo-Fan ist. "Ich habe früher selbst gespielt", sagt der 45-Jährige. Mehr als zehn Jahre hatte sich der gelernte Metallbauer ehrenamtlich als Jugendtrainer engagiert. Zweimal in der Woche hatte er dem Fußballnachwuchs Flanken, Passspiel und Dribblings beigebracht. Eine schwere Knieverletzung zwang ihn jedoch, sein Hobby an den Nagel zu hängen - der heute 45-Jährige wechselte hinter den Tresen. "Über unseren Sohn sind wir zum VfL gekommen. Und bis heute geblieben", sagt Andre Tätzler, der mit seiner Frau in Deutsch Evern wohnt.

Im Treffer steht er aber nicht nur hinterm Tresen, erledigt den Einkauf und die Abrechnungen. Er ist auch dafür zuständig, dass die Strafraumkante wirklich 16 Meter vom Tor entfernt ist und die Mittellinie halbwegs gerade ist. Auf drei Rasenplätzen kreidet der Wirt die Linien. "Das gehört einfach dazu." Momentan wird allerdings nicht gespielt, die Kicker könnten sich auf den gefrorenen Plätzen verletzen.

Wenn der Ball rollt, verfolgt Andre Tätzler die meisten Partien vom Spielfeldrand aus, denn dort steht die Grillhütte, in der er die Zuschauer mit Bratwürsten und Getränken versorgt. Die Vereinsmitglieder freuen sich schon auf die Fußball-Europameisterschaft im Juni. Dann drücken sie im Treffer der deutschen Nationalmannschaft die Daumen.