Mehr als 40 regionale Aussteller präsentieren auf einer Informationsbörse im Gymnasium Oedeme Ausbildungswege und erzählen aus dem Berufalltag.

Lüneburg. In wenigen Jahren wird die Schulzeit zu Ende sein für Valentina Fruck, die Zehntklässlerin des Gymnasiums Scharnebeck. Und dann? Valentina weiß es nicht, sie hat keine genaue Vorstellung davon, welchen beruflichen Weg sie einschlagen möchte. Und sie ist kein Einzelfall. Bei der sechsten Berufs-Informations-Börse (BIB) im Gymnasium Oedeme haben sich viele Schüler informiert, denen es so geht wie Valentina. "Ich bin hier, um mir einen Eindruck zu verschaffen, welche Berufe mir gefallen könnten", sagt die 16-Jährige aus Brietlingen. Jede Menge Stände, Ansprechpartner und Broschüren - das gibt Valentina einen ersten Überblick.

Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) hat die Messe eröffnet. Mehr als 400 Schüler und deren Eltern bahnen sich ihren Weg durch die Korridore des Schulgebäudes, vorbei an den Ständen von mehr als 40 regionalen Unternehmen, Schulen, Hochschulen, Behörden, Verbänden und Eltern, die ihre Berufe vorstellen. Ärzte, Ingenieure, Lehrer und Vertreter vieler anderer Professionen erzählen aus ihrem Arbeitsalltag, halten Vorträge zu Berufs- oder Studienplatzwahl und erläutern Finanzierungsmöglichkeiten.

Valentina ist am Stand des örtlichen Finanzamts angelangt. Und sie ist schwer beeindruckt von den Gehaltaussichten: "Fast 1000 Euro monatlich für jemanden, der sich zum Finanzwirt ausbilden lässt. Das ist eine Menge Geld."

Aber es sind nicht nur die Schüler, die Perspektiven suchen. Auch Unternehmen halten Ausschau - nach den Mitarbeitern von morgen. Claudia Bitti, Organisatorin der BIB: "Viele Unternehmen spüren die Veränderung auf dem Arbeitsmarkt. So ist erstmalig der Discounter Lidl dabei." Es sind die leistungsstarken Schüler, die sich die Handelkette als Auszubildende wünscht. "Die Qualität vieler Bewerber lässt zu wünschen übrig. Bewerbungsunterlagen sind unvollständig, und die Rechtschreibung entspricht nicht unseren Erwartungen", sagt ein Vertreter des Unternehmens.

Doch Kauffrau im Einzelhandel oder duale Studiengänge wie Wirtschaftsinformatik, bei denen Lidl den praktischen Ausbildungsteil übernimmt, interessieren Valentina Fruck nicht sonderlich. Sie verweilt an einem Stand, wo "Helle Köpfe" gesucht werden. Das weltweit agierende Lüneburger Software-Unternehmen Werum sucht Fachinformatiker für die Anwendungsentwicklung. Fachkräftemangel kennt das Unternehmen nicht. Zu diesem Thema sagt ein Mitarbeiter: "Die Bewerbungen, die wir erhalten, sind quantitativ und qualitativ ausreichend. Allerdings tun wir auch etwas dafür und stellen uns regelmäßig auf Berufsmessen oder Börsen vor."

Die Idee zur großen Informationsveranstaltung wurde vor mehr als sechs Jahren von engagierten Eltern geboren. Das ehrenamtliche Organisationsteam um Claudia Bitti sorgt seitdem für ein bemerkenswert umfassendes Angebot für die Jugendlichen. "Früher hatte jede Schule ihre eigene kleine Berufsbörse", sagt Bitti. "Mir war es wichtig, das Angebot für alle Jugendlichen zu öffnen. Wenn ein Hauptschüler sagt, er möchte vielleicht doch Polizist werden, sollte er die Möglichkeit zur Information haben." Seit 2007 wird die Börse deshalb jährlich abwechselnd in der Wilhelm-Raabe-Schule, dem Johanneum und dem Gymnasium Oedeme ausgerichtet. Steigende Besucherzahlen beweisen, dass sie sich immer größerer Beliebtheit erfreut.

Kaum bekannt ist die Tatsache, dass 18 Prozent aller Jugendlichen ihre Berufsausbildung oder ihr Hochschulstudium abbrechen. "Das ist zu viel", sagt Landrat Manfred Nahrstedt (SPD). Er verspricht, dass noch in diesem Jahr das Bildungsbüro eröffnet werde. "Unser Ziel ist, die unterschiedlichen Bildungsprojekte und Partner zu verzahnen und zu koordinieren", sagt der Landrat. Das neue Bildungsbüro soll vor allem Haupt-, Real- und Förderschüler gezielt beim Berufseinstieg unterstützen.

Valentina Fruck zieht es zum Stand der Polizei. Die Perspektiven sind zahlreich, die Ansprache des Beamten auf Augenhöhe. "Polizist zu sein ist kein leichter Beruf", sagt der Lüneburger Polizeioberkommissar Lutz Kaczmarek. Ausführlich beschreibt er den Bewerbungsweg. Warum Mindestnoten für Mathematik festgelegt seien, fragt die Schülerin. "Gesetzestexte sind wie mathematische Formeln. Wer gut in Mathematik ist, kann sich diese Texte leicht merken", sagt Lutz Kaczmarek.

Doch bevor es in die Ausbildung geht, träumt die Gymnasiastin von einem Jahr im Ausland. Über sein Austauschjahr in Südafrika berichtet Wilhelm-Raabe-Schüler Jakob Malisi am Stand von Eurovacances, einer gemeinnützigen Schüleraustauschorganisation. "Ich war der erste Austauschschüler, der in Port Elizabeth bei einer schwarzen Familie in einem Armenviertel, einem sogenannten Township, gewohnt hat."