Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern unterzeichnen in Bleckede gemeinsam eine Vereinbarung zum Flutschutz.

Bleckede. "Wenn einem das Wasser erst bis zum Hals steht, wird man einsam", sagte gestern Till Backhaus, SPD-Umweltminister in Mecklenburg-Vorpommern, im Bleckeder Schloss. Mit seinem niedersächsischen Amtskollegen Hans-Heinrich Sander (FDP) unterzeichnete er eine Erklärung zum gemeinsamen Vorgehen Niedersachsens und Mecklenburg-Vorpommerns beim Hochwasserschutz an der Elbe, das eine Situation wie von Backhaus beschrieben, gerade verhindern soll. Die Länder vereinbarten, miteinander abgestimmt das Fließverhalten der Elbe zu verbessern, indem der Bewuchs im Deichvorland reduziert, Sedimente im Fluss abgegraben und Flutrinnen als Entlastung für den Hauptstrom angelegt werden. Erste gemeinsame Arbeiten sollen 2013 beginnen.

"Wir müssen den Durchfluss des Wassers auch in einem hochsensiblen Gebiet wie dem Biosphärenreservat niedersächsische Elbtalaue gewährleisten. Denn Hochwasser macht nicht an Ländergrenzen halt", so Sander. Er sagte, zurzeit sei der ungehinderte Durchfluss in der Elbe nicht gewährleistet, der bei rund 4500 Kubikmeter Wasser in der Sekunde liegt.

"Den Rückschnitt dürfen wir nicht weiter auf die lange Bank schieben, weil in den vergangenen drei Jahren eigentlich notwendige Maßnahmen auf der Strecke geblieben sind." Wetter und hohe Wasserstände der Elbe hätten ihn verhindert. "Deshalb ist Eile geboten. Wir können uns keinen weiteren Zeitverlust leisten, weil wir an den Deichen nur Spielraum im Zentimeterbereich haben." Durch die vereinbarten Schutzmaßnahmen kann nach Worten der beiden Minister 40 bis 50 Zentimeter an Spielraum gewonnen werden.

Backhaus erinnerte an die Rekordpegelstände bei der inzwischen dritten Jahrhundertflut seit 2002 im vorigen Januar, die die Dramatik zeigen. "In der Stadt Boizenburg sind die Deiche auf ein Hochwasser von 6,80 Meter ausgelegt. Wir hatten aber 6,90 Meter." Es war knapp und sehr gefährlich. Doch das werde oft vergessen, sobald das Wasser wieder weg ist. Zudem sagte er, in den vergangenen zehn Jahren sei jedes Hochwasser immer ein Stück höher aufgelaufen als das vorige. "Die Gehölze verursachen den Wasserstau." Im schlimmsten Fall drohten Deichbrüche, wenn nicht gezielt abgeholzt wird, so Backhaus.

Er sagte auch, die Zusammenarbeit der Länder sei zum Wohl der Menschen hinter den Deichen, deren Leben und Besitz nur so geschützt werden könne. "Die Deichsicherheit hat oberste Priorität. Ich habe Angst vor dem Verlust von Menschenleben und Schäden in Milliardenhöhe", räumte der Minister ein, der in der Gemeinde Amt Neuhaus 1959 geboren wurde und daher eng mit dem Fluss verbunden ist und dessen Gefahren gut kennt.

Nun sei es aber nicht so, dass Flora und Fauna radikal gestutzt werden sollen. "Darum geht es nicht. Aber wir befinden uns in einer vom Menschen gemachten Kulturlandschaft und deshalb ist der Rückschnitt richtig und vernünftig", so Backhaus. Zumal die Arbeiten wissenschaftlich begleitet werden und auf wissenschaftlichen Grundlagen und nicht auf ideologischen basierten, kritisierte er radikale Naturschützer, die jegliches Abholzen ablehnen. "Es liegen entsprechende Gutachten für den Rückschnitt vor. Wer an diesen zweifelt, soll entsprechende Gegengutachten vorlegen und das Gegenteil beweisen."

Bernhard Stilke vom BUND Lüneburg sagte, es gebe in der Tat Stellen im Deichvorland, an denen der Rückschnitt sinnvoll sei. "Aber bisher wurde oft an der falschen Stelle geschnitten."

Hans-Wilhelm Stabe, Vorsitzender des Vereins zum Schutz der Kulturlandschaft und des Eigentums im Elbetal aus dem Bleckeder Ortsteil Garlstorf, sagte, in den Kreisen Lüneburg und Lüchow-Dannenberg organisiere sein Verein unabhängig von der jetzt getroffenen Erklärung der beiden Länder längst den Rückschnitt der Verbuschung im Deichvorland. "Von uns beauftragte Firmen schneiden Weiden zurück. Das Schnittgut schreddern sie und verkaufen es, sodass kaum Kosten für die Arbeiten anfallen", so Stabe. Das Abholzen finde in enger Absprache mit Naturschützern statt. "Die sind gar nicht so uneinsichtig. Die Zusammenarbeit ist gut."

Stabe appellierte an die Minister, dass die Sedimente der Elbe nicht angefasst werden sollten. Sie seien mit Schwermetallen belastet. "Die Niederländer haben am Rhein mit dem Abgraben der Sedimente schlechte Erfahrungen gemacht, weil der Boden kontaminiert war."