Polizei kontrolliert Transporte von unverkauftem Silvesterfeuerwerk. Von sieben Fahrzeugen waren nur zwei tadellos.

Winsen. "Hätte ich doch noch einmal nachgeschaut, ob die Ladung mit den Papieren übereinstimmt", sagt Uwe Z. In der Stimme des 47 Jahre alten Harburgers liegen Reue und Wut. Sein Blick richtet sich auf den Boden während er mit Stefanie Netzel spricht. Die Polizeikommissarin der Autobahnwache Winsen wird in diesen Tagen die Personalien des Kraftfahrers an die Bußgeldstelle des Landkreises Harburg weitergeben. Von der Ordnungsbehörde hat er eine Geldstrafe von mehreren Hundert Euro zu erwarten, von seinem Arbeitgeber eine Abmahnung.

Grund für die Bestrafung des Lkw-Fahrers sind Verstöße gegen das "Europäische Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße". Deren Vorschriften sind in einem etwa fünf Zentimeter dicken Handbuch aufgelistet, das Stefanie Netzel griffbereitet vor die Windschutzscheibe des VW T5 gelegt hat, mit dem sie zusammen mit Polizeihauptkommissar Oliver Kues am ersten Werktag des neuen Jahres die Autobahnen im Landkreis Harburg abfährt. Denn im Süden der Metropolregion befinden sich die zentralen Lager mehrerer Supermarktketten für den gesamten Großraum Hamburg.

Kurz vor seinem Ziel in der Gemeinde Seevetal musste auch Uwe Z. den Polizisten Netzel und Kues auf die ehemalige Autobahnwache Thieshope folgen. Die beiden Beamten gehören zu den etwa zwei Dutzend ausgebildeten Gefahrgutkontrolleuren in den acht Landkreisen der Polizeidirektion Lüneburg. Insgesamt 16 Experten für explosive, brennbare oder giftige Stoffe waren am Montag im Einsatz, um den Rücktransport von unverkauften Feuerwerkskörpern aus den Einzelhandelsgeschäften der Region zu kontrollieren. Diese Transporte sind eigentlich an einer orangefarbenen Raute und der Kennziffer 1.4 zu erkennen.

Aber häufig würden die Explosivstoffe einfach mit schwarzer Folie verschleiert und unter die restliche Ware gemogelt, erklärt Polizistin Netzel. "Die Kontrolle wird dann zum Suchspiel im Laderaum." Gefunden hat sie auf dem Anhänger von Uwe Z. das "Megafeuerwerk Starship", das "Familiensortiment Cobra" und die "13-Schuss-Batterie Neptun" zwischen Marzipankartoffeln, Schokonikoläusen und Zartbitterdominosteinen. Die Reste der beiden Feste stammen aus einer Filiale eines großen deutschen Discounters in Soltau. Entgegen der Vorschriften waren die insgesamt ungefähr 300 Kilogramm Böller und Raketen nicht in der Inventarliste verzeichnet und für ihre Reise über die A 7 in offene Kartons mit handtellergroßen Löchern verpackt.

Von sieben kontrollierten Fahrzeugen mit Risikostoffen an Bord waren nur zwei tadellos

"Früher wurden die unverkauften Waren von den Mitarbeitern der Supermärkte einfach in Bananenkisten gequetscht", sagt Frank Podubrin, Leiter des Logistikbüros der Weco Pyrotechnische Fabrik GmbH im Hamburger Stadtteil Kleiner Grasbrook. "Die aus China stammenden Feuerwerkskörper werden im Hamburger Hafen umgeschlagen und europaweit verteilt." Anfang Januar müssen die Hersteller die Kommissionsware zurücknehmen. An mehreren Lagerstätten im Hamburger Süden werden die Rückläufer sortiert. Nur ein kleiner Teil der Sprengkörper wird von Spezialfirmen entsorgt. "Manche der Inhaltsstoffe halten sich 30 Jahre", sagt Podubrin. Aber nach spätestens fünf Jahren müsse die Verpackung geändert werden, da sich die Kundengeschmäcker veränderten.

Über die Vorschriften für den sicheren Rücktransport werde das Verkaufspersonal von Weco-Mitarbeitern geschult, sagt Logistikleiter Podubrin. In der Praxis geht aber häufig Tempo vor Sicherheit. Für Rettungskräfte kann diese Nachlässigkeit bei Verkehrsunfällen der Gefahrguttransporter böse Folgen haben. Die Polizei möchte ihre Kontrollen daher in der Zukunft wiederholen: "Die Tatsache, dass wir Feuerwerkskörper festgestellt haben, die nicht ordnungsgemäß verpackt und nicht nach den Vorschriften des Gefahrgutrechtes befördert wurden, zeigt, dass solche Kontrollen weiterhin dringend erforderlich sind", sagt Einsatzleiter Markus Oelscher.

Von den sieben am Montag kontrollierten Fahrzeugen mit Risikostoffen an Bord waren nur zwei tadellos. Bis zu 1000 Euro Bußgeld könnte das Gewerbeaufsichtsamt zum Beispiel gegen einen 59 Jahre alten selbstständigen Kraftfahrer aus dem Landkreis Rotenburg verhängen. Nachdem Polizist Kues die Daten des 5,4-Tonners auf sein mobiles Kontrollgerät geladen hatte, wurden eklatante Überschreitungen der vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten sichtbar. "Ich fahr rechts ran, wenn ich mich müde fühle", sagt Gerhard G. zu seiner Verteidigung. "Die meisten Lkw-Unfälle passieren doch nur, weil die Fahrer sich beeilen müssen, um die maximale Lenkzeit von viereinhalb Stunden einzuhalten." Als Gefahrenquelle sieht er seinen eigenen mit drei Tonnen Propangasflaschen beladenen Lastwagen nicht an.

Ähnlich uneinsichtig zeigte sich auch der Fahrer eines mit Tiefkühlware beladenen Sattelzuges aus dem Landkreis Breisau-Hochschwarzwald. Den Beamten war aufgefallen, dass der vor ihnen rollende Auflieger aus der Spur lief. Während sich das Fahrerhaus in der Mitte des rechten Fahrstreifens befand, streifte das Heck die Grenze zum Seitenstreifen. Bei der anschließenden Kontrolle zeigte sich, dass die linke Seite des Lastwagens gegenüber der rechten um 17 Zentimeter verzogen war. "Der Grund dafür ist eine gebrochene Lenkfeder", erklärt Bernd Friedrichs, Leiter des technischen Kontrolltrupps der Polizei. Nach einem Telefonat mit der zuständigen Zulassungsstelle in Freiburg legte der Polizist den Lkw mit dem Abschrauben des Nummernschildes mit sofortiger Wirkung auf dem Autobahnparkplatz Seevetal still.