Interview mit den Lüneburger Steuerfahndern Jörg Zimmermann und Harald Schole

Lüneburg. Sechs Jahre lang hat Regierungsdirektor Jörg Zimmermann das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen in Lüneburg geleitet. Die Lüneburger Rundschau sprach mit ihm und seinem Nachfolger, Regierungsdirektor Harald Schole, unter anderem über Schwarzarbeit und Steuersünder-CDs.

Lüneburger Rundschau:

Mit 100 Mitarbeitern gehört das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen (FA FuSt) zu den größeren Behörden in Lüneburg. Was genau ist - in Abgrenzung zur Staatsanwaltschaft - die Aufgabe der Dienststelle?

Jörg Zimmermann:

Bei uns werden keine Steuererklärungen bearbeitet. Hier wird ermittelt, was in der Steuererklärung nicht angegeben wird. Wir fungieren als Steuerpolizei. Unsere Bußgeld- und Strafsachenstelle oder die Staatsanwaltschaft und die Gerichte schließen unsere Arbeit ab.

Bei den Bürgern herrscht der Eindruck vor, dass man gerade in diesem Bereich die Kleinen aufhängt und die Großen laufen lässt.

Zimmermann:

Wir verfolgen gleichermaßen große und kleine Steuersünder. Es gibt aber Unterschiede in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Spektakuläre Fälle wie der um Freddy Quinn und Klaus Zumwinkel werden anders in den Medien aufbereitet und anders wahrgenommen. Tatsächlich kümmern wir uns um alle Fälle gleichermaßen - die Palette reicht vom Wirtschaftsboss bis zum kleinen Handwerker.

In der Bevölkerung gilt Steuerhinterziehung oft als Kavaliersdelikt.

Harald Schole:

Tatsächlich ist Steuerhinterziehung aber eine Straftat, die angemessen bestraft werden muss. Gerade deshalb ist es für uns wichtig, mit unserer Tätigkeit die Steuergerechtigkeit wieder herzustellen.

Viele Bürger haben den Eindruck, dass große Steuersünder ziemlich glimpflich davon kommen. Klaus Zumwinkel hat zwanzig Jahre Steuern hinterzogen und bekommt nur eine Bewährungsstrafe.

Schole:

Aus unserer Sicht reicht der gesetzliche Strafrahmen für Steuerhinterziehung aus. Es kommt darauf an, wie die Gerichte damit umgehen.

Viele Steuerzahler empfinden das geltende Steuerrecht als viel zu verworren und undurchschaubar. Haben sie recht?

Schole:

Das mag so empfunden werden, ist aber kein Rechtfertigungsgrund für Straftaten. Wer in Unkenntnis über eine Vorschrift ist oder sie nicht verstanden hat, kann nachfragen. Wenn im Einzelfall ein Irrtum aufgetreten ist, wird der Steuerzahler dafür nicht bestraft - so lange er den Sachverhalt richtig schildert. Wer aber kriminelle Energie aufwendet, um Steuern zu hinterziehen, muss mit unserer Verfolgung rechnen.

Wie stehen Sie zu der Diskussion um den Ankauf von Steuersünder-CDs?

Zimmermann:

Wenn die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden besser wäre, hätte es des Ankaufs der CD nicht bedurft. Es gibt eine Reihe von europäischen Staaten, mit denen wir uns eine bessere Zusammenarbeit wünschen. Die Schweiz gehört dazu.

Schole:

Im Übrigen verfolgen wir jeden Hinweis, mag er anonym kommen oder auf einer CD gespeichert sein. Für uns ist unerheblich, woher der Hinweis stammt, wobei tatsächlich ein großer Teil der Fälle aus der Arbeit der Finanzämter kommt. Wir gehen jedem Hinweis nach.

Der Steuersünder kann sich aber nach wie vor auch selbst anzeigen?

Zimmermann:

Richtig. Wenn er den Sachverhalt vollständig und offen auf den Tisch legt und seine Steuerschuld begleicht, bleibt er straffrei. Sobald er alles gezahlt hat, wird das Verfahren gegen ihn eingestellt.

Steigen die Fallzahlen in Ihrem Bereich?

Zimmermann:

Es gibt viele, die nur einmal Kontakt mit uns haben und dann nie wieder. Aber es existiert auch eine Personengruppe aus hartnäckigen Wiederholungstätern - und diese Personengruppe nimmt vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise zu. Wir haben sogar Familien, in denen Steuerhinterziehung zur Tradition gehört.

Seit dem 15. Juni ist der Jurist Harald Schole Chef der 100 Mitarbeiter zählenden Behörde in Lüneburg, die für die Steuerfahndung im ehemaligen Regierungsbezirk zuständig ist. Er wohnt in Bremen und war zuletzt Referent in den Finanzämtern Osterholz-Scharmbeck und Syke. Sein Vorgänger wechselt zur Oberfinanzdirektion nach Hannover.