Das umstrittene Bauvorhaben auf dem Sallier-Grundstück in der Frommestraße soll nun im Herbst beginnen

Lüneburg. Noch immer gibt es keine Baugenehmigung für die geplanten Neubauten an der Frommestraße. Der Protest gegen die von dem Lüneburger Investor Jürgen Sallier geplanten Häuser reißt derweil nicht ab. Junge Leute nutzen das unbewohnte Grundstück als Freizeitfläche, der Eigentümer lässt sie größtenteils gewähren.

Mittlerweile zwei Jahre ist es her, da kamen die ersten Stimmen gegen das Projekt im Senkungsgebiet auf. Nachbarn haben Angst um ihre Häuser, sie befürchten, dass die durch die Arbeiten verursachten Erschütterungen weitere Risse in die auf dem absackenden Untergrund ohnehin schief stehenden Häuser ziehen könnten.

Kritik wurde auch laut an dem Entwurf moderner Quader, außerdem befürchten Anwohner einen ähnlichen Effekt wie im Hamburger Schanzenviertel: steigende Mieten durch Neubauten und umfangreiche Sanierungen und eine daraus folgende Veränderung der Einwohnerstruktur des Viertels, neudeutsch Gentrifizierung.

Haus und Garten sehen mittlerweile so aus, als würde Pippi Langstrumpf dort wohnen. Die Treppenstufen sind abwechselnd in Rot und Blau bemalt, in denselben Farben leuchten auch der Zaun, die Dachrinne und die Tür.

"Drangsalliert" steht auf einem Bettlaken auf dem Dach, "Who the fuck is Sallier", fragt ein grünes Monster von der Wand, und "Wir sind mehr als ihr", sagt ein überdimensionales Papp-Insekt - eine Heuschrecke?

Hinten im Garten stehen Sofa und Fußball-Kicker, links neben dem Haus eine weitere Couch. Und überall stehen und hängen Bilder - und kleben Aufkleber der Partei "Die Linke". Vorn im Garten bewacht ein Holz-Männchen mit Riesen-Wasserpistole das Grundstück, Weihnachtsbaumkugeln an Seilen glitzern in der Sonne. Und am Schornstein wird klar, dass die Gegner des Sallier-Projekts nicht nur gegen das Bauprojekt sind, sondern auch gegen Atomkraft.

Einige Terrassenplatten fehlen, der sandige Untergrund dient jetzt als Grillplatz. Die Türen sind zugemauert, die Fenster mit Brettern vernagelt: Partys, wie sie in dem Haus zuweilen stattgefunden haben, gibt es mittlerweile nicht mehr.

"Es wurden vereinzelt Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs gestellt", sagt Kai Richter von der Polizei im Rückblick auf jene Zeit. Insgesamt drei- bis viermal seien die Kollegen in die Frommestraße ausgerückt, weil sich der Eigentümer bei den Beamten gemeldet hatte. Zurzeit nutzen junge Leute den Garten zum Grillen, Bier trinken und Sonnenbaden. Probleme mit Anwohnern gab es laut Kai Richter dabei nicht: "In letzter Zeit hatten wir keine Beschwerden."

Die Verkleidung des sogenannten Tors zur Unterwelt, dem schiefen gemauerten Eingang mit schmiedeeiserner Tür, hat die Bürgerinitiative zum schwarzen Brett umfunktioniert: Zeitungsartikel und geologische Karten informieren über den Untergrund und den geplanten Neubau, Lüneburgs Werbeschriftzug haben die Projektgegner umgetextet in "Lüneburg - jahr1000starkes Senkungsgebiet".

Dass der Investor einen Rechtsanspruch auf eine Baugenehmigung besitzt, hatte Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD) bereits vor anderthalb Jahren im Rat der Stadt gesagt. Das Dokument ist allerdings noch immer nicht ausgestellt. "Es liegt bis dato kein Bauantrag vor", sagt Daniel Steinmeier, Sprecher der Verwaltung.

Die Stadt habe jüngst Mess-Ergebnisse aus dem Boden an den Bauherrn weitergeleitet, "sie werden jetzt von dem Baugrundgutachter und dem Statiker des Investors ausgewertet, dann gibt es ein neues Gespräch mit der Stadt". Die Ergebnisse von Gutachter und Statiker würden dann in den Bauantrag einfließen.

Der Investor selbst hofft auf Bewegung nach der Sommerpause. "Wir werden die Unterlagen vor der Sommerpause bei der Stadtverwaltung einreichen", sagt Jürgen Sallier. "Ich hoffe, dass wir im Herbst anfangen können zu bauen."

Gerade habe er ein Gespräch mit Ingenieuren über die statischen Aspekte des Neubaus geführt. "Sie sagen, dass der neue Baukörper den umliegenden Häusern Stabilität geben wird", sagt der Architekt.

Zwei Jahre Protest, ein absackender Untergrund, ein aufwendiges Beweissicherungsverfahren: Bereut er seine Entscheidung, das Grundstück gekauft zu haben? "Wenn der Kran bald steht, freue ich mich", sagt Sallier. Wenn es so weitergehe, dann weniger.