Kreis-SPD prüft Trennung von der CDU, weil die Christdemokraten gegen das Regelwerk stimmten

Lüneburg. Die SPD im Kreis Lüneburg will bis zur Sommerpause entscheiden, ob sie ihre Zusammenarbeit mit der CDU fortsetzt oder sich einen neuen Koalitionspartner sucht. Das kündigte die Vorsitzende Andrea Schröder-Ehlers gestern an. Der Grund sind die Gegenstimmen aus der CDU am Montag bei der Abstimmung zum Lüneburg-Vertrag.

"Das ist ein klarer Bruch des Gruppenvertrags", sagt Schröder-Ehlers. "Wir müssen jetzt entscheiden, ob die Basis für eine Zusammenarbeit noch gewährleistet ist." Bei den anstehenden Entscheidungen über wichtige Investitionen brauche die SPD einen "verlässlichen Partner" und keine "Wahltaktik". Der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Blume weist diesen Vorwurf zurück. "Wir orientieren uns an Sachthemen und äußern uns deutlich, wenn etwas nicht stimmig ist", so Blume zur Rundschau. Die SPD verschließe sich den vorgebrachten Argumenten seiner Partei, das sei bereits während der Kreistagssitzung deutlich geworden.

Auslöser des Streits sind die unterschiedlichen Positionen in der Debatte um den Lüneburg-Vertrag. Wie berichtet soll das Dokument bis 2015 regeln, welche Aufgaben die Stadt für den Landkreis übernimmt und wie viel Geld sie dafür erhält. Elf Paragrafen bestimmen den Finanzfluss beispielsweise für die Bereiche Sozialhilfe, Schulen oder interkommunale Zusammenarbeit. Strittig ist einzig die Jugendhilfe. Alexander Blume kritisierte bei der Kreistagssitzung: "Der Fehler besteht darin, dass die Stadt zwar Trägerin der Jugendhilfe ist, aber keinen müden Cent der mit dieser Aufgabe verbundenen Kosten aus eigener Tasche zahlt."

Und das, obwohl die Stadt eines der teuersten Jugendämter in Niedersachsen betreibe. So zumindest das Ergebnis der Integrierten Berichterstattung in Niedersachsen (IBN), ein Kennzahlensystem, das einen landesweiten Vergleich der Jugendämter ermöglicht.

Der Bereich schlug 2009 mit 9,8 Millionen Euro für Drittleistungen, sogenannte Zweckaufwendungen, zu Buche, die der Landkreis in voller Höhe trägt. Über die Kreisumlage erstatte die Stadt nach Angaben des Ersten Kreisrates Jürgen Krumböhmer ihren Teil der Rechnung. Für Personal- und Sachkosten zahlte der Landkreis bisher jährlich 1,04 Millionen Euro. Doch weil die Kosten gestiegen sind, forderte die Stadt nun eine Nachbesserung. Der neue Vertrag sieht daher vor, dass der Kreis bis zum Jahr 2014 zusätzlich 3,2 Millionen Euro an die Stadt zahlt. Im Gegenzug hat die Stadt zugesagt, die Jugendhilfekosten auf eine Summe zu senken, die vergleichbare Städte ausgeben. Wird dieses Ziel nicht erfüllt, steht dem Landkreis ein Sonderkündigungsrecht für den Bereich der Jugendhilfe zu. "Das ist ein fairer Kompromiss", sagte Jürgen Krumböhmer.

Beide Parteien seien aufeinander zugegangen, hätten ein Klima des Vertrauens aufgebaut. "Damit sind wir einen gehörigen Schritt nach vorn gekommen." Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Franz-Josef Kamp, warf der CDU vor, sich zu spät in die Debatte eingeschaltet zu haben: "Wer jetzt noch Veränderungen will, will den Vertrag zu Fall bringen." Gegenwind bekamen die Christdemokraten auch von den Grünen. Sabine Brunke-Reubold warf Alexander Blume vor, sich mit seinen Äußerungen lediglich vor den Wählern profilieren zu wollen. Die Einwände hätten früher kommen müssen. "Das jetzt hochpoppen zu lassen ist alles andere als anständig", so Brunke-Reubold.

Schützenhilfe für die Christdemokraten gab es einzig von der FDP. Karin-Ose Röckseisen betonte: "Es geht nicht darum, Hilfen zu streichen. Wir wollen nur verhindern, dass das Geld in ineffizienten Strukturen verschwindet."

Ebenso sah es Blume, immerhin gäbe es anderorts "mehr Hilfe für den Euro". Ob die unterschiedlichen Auffassungen von SPD und CDU die Allianz tatsächlich zu Fall bringen, wird sich zeigen. Die CDU kommt am Donnerstag zu ihrer nächsten Fraktionssitzung zusammen "und wird den Kreistag nachbereiten", sagt Blume diplomatisch.