256 ehemalige KZ-Häftlinge liegen im Lüneburger Tiergarten begraben. An sie erinnert ein Gedenkstein, für den seit mittlerweile zehn Jahren die Mitarbeiter und Patienten der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch sorgen.

Lüneburg. Zunächst sei der Friedhofsverwalter der Hansestadt skeptisch gewesen, als er das Angebot der Einrichtung für Drogenabhängige bekam. Doch "die Skepsis ist längst einer vertrauensvollen Zusammenarbeit gewichen", sagt Stadtsprecherin Suzanne Moenck heute.

Dr. Ruthard Stachowske, Leiter der Therapeutischen Gemeinschaft, habe in seiner täglichen Arbeit festgestellt, welchen Einfluss nicht bewältigte Familiengeschichten aus der Nazizeit bei der Entstehung von Drogensucht haben. "Bei sehr vielen unserer Klienten spielen die Täter- oder Opfer-Rollen zumeist der Großväter eine konkrete Rolle für die eigene Drogengeschichte. Wir hatten zum Beispiel die Enkel eines Gefangenen und eines Wächters des Gelbkreuzlagers in Wilhelmshaven gleichzeitig in Behandlung - die Konstellationen der Angehörigen im Krieg sorgten für enorme Sprengkraft im Therapie-Alltag." In der persönlichen Beziehung der Paten zu dem Friedhof sieht Friedhofsverwalter Hans-Georg Grzenia auch einen Grund für das gute Gelingen des Projekts. Weitere Gründe seien die persönliche Kontinuität in Person von Dr. Stachowske sowie die gute Organisation: Ein Pflegeplan regelt genau, wer wöchentlich welche Arbeiten übernimmt. Nach Auskunft von Suzanne Moenck sind im Tiergarten 256 KZ-Häftlinge begraben, die im April 1945 ums Leben kamen. Die Frauen und Männer waren eingepfercht in Eisenbahnwaggons, bei einem Bombenangriff wurde ein Teil der Eingesperrten getötet. Diejenigen, die fliehen konnten, wurden Tage später von Lüneburger Bürgern gezielt aufgespürt und von den Nazis ermordet.