Hannah und Karsten Köppen verhelfen seit fünf Jahren gestressten Menschen zur Besinnung auf sich selbst.

Lüneburg. Es ist kalt in den alten Klostermauern, die Räume sind nur mit Kerzen erleuchtet und allein der Gesang von Karsten Köppen erfüllt die abendliche Stille im Kloster Lüne. Heute Abend sollen die Besucher zur Ruhe kommen, sich selbst und ihre Mitte wieder finden, Kraft tanken, Kopf und Geist neu ausrichten.

In dem für viele zunehmend hektisch werdenden Alltag, ist der einmal im Monat stattfindende "Stille Abend" in den alten Mauern des Kloster Lüne vor den Toren Lüneburgs eine Oase der Ruhe geworden. Seit nun mehr fünf Jahren bieten Hannah und Karsten Köppen die Abende an. "Ich möchte den Menschen die Spiritualität des Klosters zeigen, denn die Steine und Mauern sind geradezu aufgesogen und geprägt von der gelebten Ruhe und dem Glauben", sagt Karsten Köppen.

Der 45-Jährige war bis vor sieben Jahren Mönch in den geweihten Mauern des Gethsemane Kloster bei Goslar im Harz. Die Mönchskutte hat er zwar abgelegt, doch die Spiritualität und den Gregorianischen Gesang möchte er weiter vermitteln. Seine Frau Hannah unterstützt ihn dabei. "Wir wollen die Menschen an die Hand nehmen und ihnen helfen, sich den Glauben wieder ins Herz zu singen", so die 46-Jährige.

Auch wenn die Zeit im Kloster Lüne "Stille Abend" heißt, ganz still geht es in den rund vier Stunden dann doch nicht zu. "Wir starten mit einer kurzen Vorstellungsrunde. Das werden allerdings für den Abend aber auch die einzigen gesprochenen Worte sein", so Hannah Köppen. Nach einer Einstimmung ins Thema, das je nach Kirchenjahr variiert, werden die gemeinsamen Lieder eingeübt. Die Lieder und die Lautenmusik von Karsten Köppen sind die einzigen Unterbrechungen der Stille. "Das ist kein Widerspruch zum Schweigen, denn das Singen dient der Vertiefung des nach Innenhörens", so Karsten Köppen. Weiter folgen Atem- und Körperübungen, wie der Pilgergang im Kreuzgang des Klosters, und Meditationseinheiten. "Der Pilgergang ist eine rhythmische Art zu gehen", so Köppen. "Er dient der Entschleunigung und soll Ruhe bringen." Höhepunkt des Abends ist die Stillezeit im Nonnenchor. "Ich trage Gregorianische Gesänge vor und die Teilnehmer sitzen in Decken gehüllt in völliger Dunkelheit."

Ulla Frede ist nahezu seit den ersten Veranstaltungen im Kloster Lüne dabei. "Ich habe höchstens zwei Mal gefehlt in all den Jahren", so die 71-Jährige. Bei den ersten "Stille Abenden" sei sie noch sehr abgelenkt gewesen von der Umgebung und musste sich stark auf die für sie neuen Übungen konzentrieren. "Mit den Jahren ist da so ein Automatismus entstanden. Jetzt funktioniert man und ist nach einer Weile ganz bei sich. Das erfüllt einen und macht zufrieden." Auch wenn der "Stille Abend" durch die Gebete und Gesänge ein stark christliches Profil hat, so steht er auch Andersgläubigen und Atheisten offen, die sich darauf einlassen möchten. "Gebete sind hier wichtig für die Meditation. Sie ermöglichen den Weg in unser Inneres", so Köppen. Ehefrau Hannah ergänzt: "Viele Teilnehmer haben durch den Abend aber auch ihren Glauben wieder gefunden."

Eine verkürzte Version des "Stille Abends" bietet das Ehepaar Köppen am morgigen Freitag, 12. März, von 18 bis 20.30 Uhr, im Kloster Lüne an. Ihr fünfjähriges Jubiläum feiern sie mit dem "Stille Abend" am Karfreitag, 2. April, von 18 bis 22 Uhr. Thema ist "Gottesferne und Vertrauen". Zu beiden Veranstaltungen kann sich unter Telefonnummer 04131/15 89 70 angemeldet werden.