Verletzte Gefühle, eine kaputte Armbanduhr und ein lädierter linker Arm - das ist alles, was Günther H.* von seiner großen Liebe blieb. Die Frau hatte den bulligen Mittfünfziger nach einer kurzen Affäre verlassen und war zu ihrem Freund Jens K.* zurückgekehrt.

Der muss sich nun vor dem Amtsgericht Lüneburg wegen Körperverletzung verantworten. Der 52-Jährige soll, als er seine Freundin abholen wollte, zufällig auf Günther H. getroffen sein. Vor einem Friseurgeschäft mit soll er einem massiven Fahrradschloss auf seinen Widersacher eingeprügelt haben, der dabei starke Prellungen erlitt.

"Diesem Vorfall ging eine Geschichte der Verfolgung voraus", sagt der klein gewachsene Angeklagte, der sich gewählt ausdrückt und mit seinem rostfarbenen Wollpullover und dem gepflegten Vollbart an einen Wanderprediger erinnert. "Immer wieder hat Herr H. mich und meine Freundin belästigt, verfolgt und bedroht. Einmal hat er mich, als ich mit dem Fahrrad unterwegs war, von der Straße abgedrängt, so dass ich im Graben gelandet bin." Der arbeitslose Zahntechniker bestreitet aber, ohne Vorwarnung auf Günther H. losgegangen zu sein. "Ich hatte fast Todesangst, als er drohend auf mich zukam. Aber ich habe mich lediglich gewehrt."

Das sieht Zeuge Günther H. anders: "Ich habe nichts gemacht. Ich bin nur aus dem Auto gestiegen und dann hat der mit dem Schloss vor mir rumgefuchtelt und schon hieb er mir damit auf den Arm. Meine Kollegen haben mich ins Krankenhaus begleitet, um das untersuchen zu lassen", sagt der Zwei-Meter-Mann.

Linda S.*, das Objekt der Begierde, ist Mitte 40, arbeitslos und sehr nervös. "Ich muss zugeben, dass ich mit beiden Männern intim war, Herr Richter", beginnt die blasse Frau ihre Aussage. Seit sechs Jahren sei sie mit Jens K. zusammen. Im vergangenen Sommer soll ein Streit dann zu einer längeren Funkstille geführt haben. "In dieser Zeit war Günther H. für mich da. Er hat mich gepflegt, weil ich Probleme mit meinem Bein hatte und schlecht laufen konnte." Nach einer Weile aber habe sie sich von Günther H. getrennt, weil er sie oft beleidigt und getreten haben soll. Mit der Trennung sei er dann nicht klar gekommen.

Der Richter runzelt die Stirn. "Haben Sie etwas von der Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern mitbekommen?", fragt er nach. Linda S. schüttelt den Kopf. Zwei Zeugen bestätigen jedoch die Version von Günther H. Auch die Staatsanwältin ist überzeugt, dass der Angeklagte die Tat begangen hat und fordert eine Geldstrafe in Höhe von 450 Euro. Das sieht der Richter ebenso und schließt sich beim Strafmaß der Staatsanwältin an: "Auch, wenn ich Ihnen glaube, dass Sie Angst hatten. Sie haben genau gewusst, was Sie gemacht haben."

* Namen geändert