Wer künftig im Rathaus Lüneburg das Sagen hat, ist offen. Eine Fortsetzung der schwarz-roten Koalition ist nach dem Aufruhr bei den Christdemokraten ungewiss.

Lüneburg. Im Herbst 2006 wurde er zuletzt gewählt, im nächsten Jahr steht er zur Neuwahl an: Der Rat der Stadt Lüneburg. Sein Aufgabenbereich ist groß, entscheiden die gewählten, ehrenamtlich tätigen Vertreter der Lüneburger Bürger und Bürgerinnen doch über alle grundlegenden Angelegenheiten der Kommune: Ob das Bahnhofsumfeld vergrößert, ein neues Museum gebaut oder eine Schule erweitert wird.

42 ehrenamtliche Mitglieder umfasst die Versammlung, die aktuelle Verteilung der Sitze gestaltet sich wie folgt: SPD: 17, CDU: 12, Grüne: 8, FDP: 3, Die Linke: 2. Der Oberbürgermeister, Ulrich Mädge (59), ist SPD-Mitglied, seit 1981 Mitglied im Rat und seit 1996 hauptamtlicher Verwaltungschef und oberster politischer Repräsentant der Stadt. Die Besetzung dieser Position steht erst im Jahr 2014 an.

Weil die Kommunalwahl 2006 keine eindeutigen Mehrheiten brachte, bilden SPD und CDU im Rat seitdem eine Koalition, der sie den Namen "SPD/CDU-Gruppe" gegeben haben.

Ob diese nach der Kommunalwahl fortgesetzt wird, dazu möchten die Fraktionsvorsitzenden derzeit lieber keine Prognose abgeben.

Heiko Dörbaum, Fraktionsvorsitzender der SPD, gibt als Ziel aus, wieder die meisten Sitze im Rat besetzen zu wollen: "Generell kann ich mir vorstellen, mit allen Fraktionen eine Gruppe zu bilden. Es geht um die größte Schnittmenge." Mit den Linken allerdings könne er sich eine Zusammenarbeit zurzeit nur schwer vorstellen. In Sachen Kandidatensuche plagen Dörbaum kaum Sorgen: "Wir werden mit einer kräftigen, starken Mannschaft und einer gesunden Mischung aus Erfahrung und jungen Leuten antreten."

Nach der Wahl die meisten Sitze besetzen will auch die CDU. Fraktionschefin Regina Baumgarten: "Wir wollen stärkste Kraft werden." Dass ihre Partei die Listen (je zwölf bis 14 Mitglieder pro vier Wahlbezirke) gefüllt bekommt, ist Baumgarten "guter Hoffnung". Sorgen macht sich die Fraktionsvorsitzende allerdings um deren Zusammensetzung: "Die Schwierigkeit besteht darin, eine gute Mischung der Personen hinzubekommen." Zwischen Geschlechtern, Berufsgruppen sowie Alt und Jung.

Bei der Stimmenmehrheit der beiden Großen bleiben für die kleineren Parteien derzeit kaum Chancen, ihre Ziele umzusetzen. Wenn es nach dem Fraktionschef der Grünen im Rat, Andreas Meihsies, geht, soll sich das ändern: "Wir gehen optimistisch in einen neuen Wahlkampf", sagt er. "Die letzten Wahlergebnisse in Lüneburg waren gut, diesmal wollen wir die 20 Prozent-Marke erreichen." Sorgen um einen Kandidatenmangel macht Meihsies sich nicht: "Das Problem sehe ich nicht, aber Frauen würden wir gerne mehr mit einbeziehen."

Die Sorgen der ehemals großen Volksparteien CDU und SPD um Kandidatennachwuchs und Wählerstimmen kennt er: "Die Arbeit mit dem Nachwuchs dort müsste intensiver sein. Vielen scheint der Weg durch die Institutionen zu lang - bei den Grünen ist das anders. Da kann man gesellschaftspolitisch schnell etwas bewegen", meint Meihsies.

Zuversicht herrscht auch bei den Linken: "Wenn sich der Zuspruch wie bei den letzten Wahlen fortsetzt, könnten wir unsere kommunalen Mandate verdoppeln", hofft der Fraktionsvorsitzender Malte Riechey. Er selbst kann sich eine Annäherung an die SPD und die Grünen unter bestimmten Voraussetzungen vorstellen, aber: "Über etwaige Bündnisse entscheidet die Kreismitgliederversammlung nach der Wahl", sagt er. An Kandidaten mangelt es bei den Linken offenbar nicht. "Im Stadtgebiet haben wir sogar mehr qualifizierte Interessenten, als voraussichtlich Sitze da sein werden", sagt Michèl Pauly, Pressesprecher der Linken.

Auch die FDP habe im Prinzip genug junge Leute in petto, sagt ihre Fraktionsvorsitzende Birte Schellmann. Aber: "Das Problem ist die schwierige Situation bei den Jüngeren, bedingt durch die Unbeständigkeit und Mobilität bei der Arbeit. Da ist bei uns viel in Bewegung, und wir versuchen, sie stärker einzubinden, damit sie besser vorbereitet sind."

Eine Prognose zum Wahlausgang will Schellmann nicht wagen. Denn ihre Partei sei stark auch davon abhängig, "was in Berlin passiert". Einer Zusammenarbeit mit einem aktuellen politischen Gegner verschließe sich die FDP nicht, "im Augenblick geht es mehr um inhaltliche Dinge". Da liegt die FDP konträr zu SPD und zu den Grünen: Sie plädiert für weniger Ausgaben und Investitionen in der Stadt, etwa was die Neubauten auf dem Avacon-Gelände angeht.

Antreten zur Kommunalwahl will auch die Rentner- und Rentnerinnenpartei (RRP): "Überwiegend werden wir uns auf Kreisebene zur Wahl stellen, aber in der Stadt Lüneburg treten wir auch an. Der Ortsverband hat genügend Mitglieder", sagt Horst Gilles: "Zwei Sitze im Stadtparlament, das sollte klappen."

Ortsrat Ochtmissen

Zusätzlich zum Rat der Stadt gibt es in Lüneburg zwei Ortsräte, weil die Ortschaften ursprünglich eigenständige Gemeinden waren und erst seit 1974 zur Stadt gehören. Die Ortsräte wurden beibehalten.

In Ochtmissen ist Ortsbürgermeister Jens-Peter Schultz von der SPD. Der Ortsrat hat neun Mitglieder: SPD: 5, CDU: 2, Grüne: 1, FDP: 1. Jens-Peter Schultz (52) ist seit 2000 im Amt und hat vor, auch im kommenden Jahr wieder bei der Kommunalwahl anzutreten. Zu den Ortsratswahlen tritt die CDU mit zwei parteilosen Kandidaten an. Schultz betont, dass die Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg sehr gut funktioniere. "Wir orientieren uns hier an den Wünschen der Bürger, nicht so sehr an der Parteipolitik." Und er sagt: "Wenn mich meine Partei fragt, engagiere ich mich auf wieder für den Stadtrat." Wichtige Themen für Ochtmissen seien der Ausbau des dritten Gleises und der Bau einer Begegnungsstätte im Ort.

Ortsrat Oedeme

In Oedeme hat der Ortsrat sieben Mitglieder: CDU: 4, SPD: 2, Grüne: 1 (unbesetzt). Was bei zu kurzen Kandidatenlisten passieren kann, zeigt sich dort: Seit der Grüne Frank Forstreuter weggezogen ist, kann die Partei ihren Sitz im Ortsrat nicht mehr besetzen, denn er ist der einzige Kandidat auf der Liste gewesen. Damit fällt das Mandat weg.

Hans-Siegfried Körner (76) ist seit 15 Jahren Ortsbürgermeister in Oedeme. Er will sich nach Ablauf dieser Legislaturperiode komplett aus der Politik zurückziehen und tritt bei der Kommunalwahl 2011 nicht noch mal an. Er will "Jüngeren Platz machen, auch mit Rücksicht auf meine Gesundheit". Körner ist enttäuscht, weil die Partei gern Jüngere auf den Listen sehe, die aber dann seiner Erfahrung nach, wenn es ernst werde, nicht anpackten: "Jetzt kann sich der Nachwuchs beweisen." In Oedeme gebe es "wenig Sorgen", es geht es nach Körners Angaben vor allem darum, den Dorfcharakter des Ortes zu bewahren und gleichzeitig die Zuzügler zu integrieren.