“Ausbildungsorientierte Elternarbeit“ titelt ein Integrationsprojekt an der Hauptschule Oedeme und der Real- und Hauptschule Kaltenmoor.

Lüneburg. "Kulturmittler vermitteln zwischen den Schulen und den fremdsprachigen Eltern von Acht- bis Zehntklässlern", beschreibt Koordinatorin Birthe Röndahl von der Arbeiterwohlfahrt (Awo), Soziale Dienste. Ziel ist es, den fremdstämmigen Familien das deutsche Schulsystem zu erklären, und so dafür zu sorgen, dass die Eltern den Lehrern auf Augenhöhe begegnen können. Finanziert wird das Projekt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Ob Türken, Russen, Osteuropäer oder Araber - für jeden Sprach- und Kulturkreis wird es einen ehrenamtlichen Berater geben.

Najia Weikämper ist Kulturmittlerin für arabischstämmige Einwanderer. Sie sagt: "Wir verstehen die Probleme und helfen, indem wir Wissen in die Familien bringen." Die Arbeit der Kulturmittler erfordere viel Geduld. "Oft dauert es Monate, bis uns die Eltern vertrauen und mit uns sprechen", sagt Ljudmila Bitjuzki, Ansprechpartnerin für russische Familien.

Schlechte Erfahrungen mit Behörden, Verständigungsprobleme und mangelnde Kenntnis des Schulsystems sind die häufigsten Ursachen für das Misstrauen der Migranten. Bitjuzki: "Dabei geht es weniger um die Sprache als vielmehr um die in den Ländern unterschiedlichen Systeme."

Das dreigliedrige System gäbe es in Russland beispielsweise nicht. Viele fühlten sich durch eine Hauptschulempfehlung diskriminiert. Unklar sei den Eltern meist auch, dass ihr Kind nach dem erfolgreichen Abschluss eine weiterführende Schule besuchen kann. Und das hat Folgen: Die Eltern schalten auf stur, die Lehrer reagieren mit Unverständnis und die Kinder bleiben mit ihren Problemen allein. Sie schreiben schlechte Noten, ziehen sich zurück oder fallen durch Gewalttätigkeit auf. Hinzu kommt laut Röndahl ein weiteres Problem: Nicht selten hätten die Schüler beispielsweise keinen festen Aufenthaltsstatus, müssten als sogenannte "Geduldete" täglich mit der Abschiebung rechnen. "In einer solchen Situation wollen die Kinder die Eltern oft nicht noch zusätzlich mit ihren Schulproblemen belasten", sagt Röndahl.

Eben hier setzt das Präventionsprojekt an - mit Erfolg. "Alle Schüler, deren Familien wir betreuen, haben ihr Sozialverhalten und zum Teil auch ihren Notendurchschnitt verbessert", sagt Birthe Röndahl. Die positiven Ergebnisse sind auch der Politik nicht verborgen geblieben. So fordert die FDP-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Birthe Schellmann, in einem Antrag jetzt "die Ausweitung dieser für die Integration und den Schulerfolg sehr zielgerichteten und erfolgreichen Arbeit". Konkret schwebt den Liberalen vor, das Projekt an einer Grundschule "mit erheblichem Migrationshintergrund" modellhaft zu beginnen. Ein Anliegen, dass Koordinatorin Birte Röndahl nur unterstützen kann: "Je früher wir mit unserer Arbeit beginnen, desto besser."

Unklar ist allerdings die Finanzierung. Die FDP-Fraktion hat die Verwaltung aufgefordert, nach Möglichkeiten zu suchen - notfalls auch auf Kosten weniger zielgenau wirkender Leistungen. Über den Antrag diskutiert der Integrationsbeirat von Stadt und Landkreis Lüneburg heute ab 15.30 Uhr im Huldigungssaal des Rathauses.