Der Verein Alltagskultur stellt aus. Für die Mitglieder ist Kunst ein Angebot zur Kommunikation - und zum regen Austausch.

Lüneburg. Ein Schaufenster An der Münze sticht aus der Masse heraus. In der Auslage des ehemaligen Ladengeschäfts werden keine Waren angepriesen, sondern die Arbeiten von Kreativen aus der Stadt gezeigt. Momentan sind die Ölgemälde von Igor Frank zu sehen, der mit flotten Pinselstrichen Lüneburg von seiner schönsten Seite festhielt: verwunschene Altstadtgassen, durch die ein Paar schlendert,und die Kirchtürme der Stadt in der Sommersonne sind zu sehen.

"Ganz unterschiedliche Werke hingen da schon", sagt Kurt Bader. Der Hochschullehrer, der gemeinsam mit Philippe Bulasch vor zwei Jahren den Verein Alltagskultur gegründet hat, erklärt das Konzept hinter dem Schaufenster. "Wir wollen den Menschen eine Möglichkeit geben, die bisher nur in ihrem Kämmerlein gearbeitet und deshalb wenig Kontakte innerhalb der Kunstszene haben und trotzdem wissen wollen, wie ihre Arbeiten ankommen."

Für 25 Euro können Kreative das Schaufenster in bester Lüneburger Innenstadtlage eine Woche lang mit ihren Werken bestücken.

Die Räume An der Münze sind für die Vereinsmitglieder Büro, Atelier und Kreativzentrale in einem. Dort finden die Treffen alle zwei Wochen statt. Und wer kein eigenes Atelier hat, arbeitet in dem Hinterzimmer, in dem jeder freie Zentimeter Wandfläche zum Aufhängen der Bilder genutzt wird. Hans Sendker, der sich mit seinen 63 Jahren "zu alt für die Arbeit und zu jung für die Rente" fühlt, ist oft in dem Büro des Kulturvereins. Seit Jahrzehnten betrachtet der Lüneburger die Welt häufig durch die Linse seiner Kamera, fotografiert und entwickelt die Bilder. Sein Markenzeichen sind satirische Montagen.

Neben Fotos wird die gesamte Brandbreite künstlerischen Schaffens von den Mitgliedern abgedeckt. "Es gibt bei uns Leute, die malen und Radierungen anfertigen, andere bauen Skulpturen, wieder andere machen Konzeptkunst. Es kommen auch unterschiedliche Materialien zum Einsatz: Ölfarbe, Aquarell, Kreide, Ton, Speckstein und vieles andere mehr", erzählt Antje Hoops, die selbst malt und fotografiert.

Die 65-Jährige ist dem Verein beigetreten, "um nicht immer allein vor sich hinzuarbeiten". In der Runde tauschen sich die Künstler aus. Viele von ihnen sind Autodidakten, aber auch einige professionell Ausgebildete sind dabei. So wie Igor Frank. Er ist aus Kasachstan nach Norddeutschland gekommen und hat in Russland Kunst und Design studiert. "In Baikonur habe ich als Restaurator gearbeitet. Ich war sehr froh, als ich hier in Lüneburg auf den Verein gestoßen bin, denn ich brauche die Kunst, sonst geht es meiner Seele nicht gut", sagt der freundliche Mann, der sich der realistischen Malerei verschrieben hat.

Es geht den Mitgliedern nicht um die künstlerische Arbeit allein. Für sie ist Kunst ein Kommunikationsangebot, wie Kurt Bader sagt: "Kunst liegt in der Äußerung von Gedanken, die merkwürdig sind, im Sinne von würdig, sie sich zu merken." Darüber hinaus wollen sich die Alltagskünstler einmischen in die aktuellen Debatten.

Das Mittel dafür sind Ausstellungen. "In Lüneburg nutzen wir dafür häufig die Ritterscheune", sagt Bernhard Zülke, der das Gebäude zu diesem Zweck angemietet hat. Aber auch außerhalb Lüneburg zeigen die Künstler ihre Werke, wie im vergangenen Jahr im Kunsthaus Uelzen.