Er kämpfte er für den Denkmalschutz, noch bevor es ihn in Deutschland überhaupt gab.

Lüneburg. Es muss schon ein etwas befremdliches Bild gewesen sein: Da saß ein Mann, vielleicht sogar mit freiem Oberkörper, aber bestimmt mit einer Fellmütze auf dem Kopf, im Sommer 1972 auf dem Dachfirst eines angeblich abbruchreifen Hauses an der Unteren Ohlinger Straße und begann Stück für Stück den alten Giebel zu restaurieren.

Es war das Haus Nummer acht und nur eines von vielen Gebäuden in der Lüneburger Altstadt, die, weil sie im Senkungsgebiet der Stadt lagen, abgerissen werden sollten. Curt Pomp konnte das erfolgreich verhindern - mit Überzeugungskraft, Sturheit und Geschick.

Mehr als 60 Häuser in der Altstadt und weitere 70 in der Innenstadt hat Pomp bis heute vor dem Abriss bewahrt. In Lüneburg kämpfte er für den Denkmalschutz, noch bevor er überhaupt in Deutschland eingeführt wurde. Er hat den "Arbeitskreis Lüneburger Altstadt" (ALA) zur Rettung der alten Häuser ins Leben gerufen und gründete das "Atelier für Restaurierung und Bauplanung" (ARB), das sich auf die jahrhundertealten Bauten spezialisierte. "Lüneburg wäre heute schrecklich farblos ohne seine Altstadthäuser", sagt der heute 76-Jährige.

1950 kommt Pomp zum ersten Mal nach Lüneburg. Der in der Tschechoslowakei geborene und in Würzburg Aufgewachsene, war als Pfadfinder mit dem Fahrrad quer durch Deutschland unterwegs. "Die Spuren des Krieges waren noch gegenwärtig. Lüneburg war weitgehend verschont geblieben; zwar grau, aber dennoch wunderschön", erinnert sich Pomp.

Er studiert in Hamburg Design, Grafik und Bildhauerei und finanziert sein Studium als Holzfäller in Lappland. Von dort bringt er auch seine Fellmütze mit - sie wird später sein Markenzeichen. Immer wieder zieht es Pomp in die alte Salzstadt. "Doch jedes mal, wenn ich hierher kam, war da ein Haus weniger. Damals hieß es, dass sich die gesamte Altstadt sehr bald absenken und in einem großen See verschwinden würde. Ich fand es unglaublich, dass ein ganzes Viertel aufgrund von Vermutungen abgerissen werden sollte."

Er glaubte nicht an diese Theorie. Pomp restauriert das Haus Nummer acht und nach viel Hin und Her mit dem städtischen Bauamt darf er auch das Gebäude nebenan wieder herrichten. "Das Haus war quasi mein Forschungsobjekt für Restaurierungsarbeiten in der Altstadt, denn Architekten oder Denkmalspfleger gab es in dem Bereich damals nicht", so Pomp. "Es war learning by doing."

Er erstellt eine Liste mit allen zum Abriss frei gegebenen Häusern und vermittelt diese an Freunde. "So konnte ich die Bauten retten und wusste, dass die neuen Bewohner die Gebäude im Sinne des Denkmalsschutzes erhalten würden." Pomp selbst wohnt heute noch in seinem "Forschungsobjekt".

1973 verhindert Curt Pomp mit vielen Lüneburger Vereinen, Verbänden und Bürgern, dass ins Glockenhaus der Käse- und Milchhändler "Bolle Berlin" einzieht. Ein Jahr später kämpft er erfolgreich gegen den Bau einer Tiefgarage für Karstadt in der Innenstadt. "Nach Expertenmeinung hätten die Bauarbeiten sogar das Rathaus gefährdet. Wir sammelten allein an einem Sonnabend 11 000 Unterschriften gegen den Bau", so der Denkmalschützer.

Doch Curt Pomp wird klar: "Ich kann nicht alle Häuser in Lüneburg retten." So konzentriert er sich auf die Altstadt und gründet 1980 gemeinsam mit Statiker Volker Reinshagen das "Atelier für Restaurierung und Bauplanung". Mehrfach werden sie mit dem Denkmalschutzpreis der Sparkassenstiftung ausgezeichnet und Pomp erhält sogar das Bundesverdienstkreuz. In welchem Jahr das genau war, daran könne er sich nicht mehr erinnern. In diesem Jahr werde das ARB noch die laufenden Arbeiten abschließen, danach sei Schluss. "Wir haben 30 Jahre zusammen gearbeitet. Jetzt sind wir beide in einem Alter, wo wir ans Aufhören denken sollten", sagt Pomp. Einen Nachfolger gebe es nicht.

Doch so ganz aufhören will Curt Pomp nicht. "Ich bleibe der Vorsitzende des ALA, berate bei Restaurierungen, plane am Programm des Hansetags 2012 in Lüneburg und arbeite noch in anderen Städten für den Denkmalschutz."

Außerdem wolle er ja auch noch ein Buch über alles schreiben, doch die ständigen Aufgaben lassen kaum Raum dafür.