Einmal wie eine Märchenprinzessin aussehen, in einem wunderschönen Ballkleid, geschmückt mit Perlen und Geschmeide - davon träumen viele Frauen. Auch Nina Stuwe. Immer, wenn sie Lust hat, macht sie ihren Traum wahr.

Lüneburg. Dabei geht es ihr nicht allein darum, in ein Kostüm zu schlüpfen - sie will dann auch in längst vergangene Zeiten eintauchen. Dafür braucht sie eigentlich nur Musik und Tanzschuhe.

Die Ellenbogen weit vom Körper abgewinkelt, den Oberkörper aufrecht, wirbelt die Tänzerin zu einer Oper von Georg Friedrich Händel in kleinen Schritten durch den Raum, während unter dem bauschigen Kleid ab und zu die Zehenspitzen hervorlugen. Ein strahlendes Lächeln ziert ihr Gesicht. Mit den oft betulich inszenierten Ballsequenzen in Historienfilmen hat die Komplexität und Dynamik des Barocktanzes wenig gemein. Es handelt sich um weit mehr, als nur um bedächtiges Nicken und Schreiten.

Die ersten Aufzeichnungen über Bälle und Tänze, stammen aus dem Frankreich des 17. Jahrhunderts. Dort konnten es sich zu jener Zeit nur Adlige leisten, zu tanzen. Sonnenkönig Ludwig XVI. ließ Choreografien und Schrittfolgen für Paare und Gruppen ausarbeiten und gründete die erste Tanzakademie.

"Eigentlich hat Ludwig XIV. den Tanz als Kunst- und Ausdrucksform erfunden, denn noch heute erinnern bestimmte Bewegungen und Figuren im klassischen Ballett an die Anfänge im Barock." Erklärt Nina Stuwe die historischen Hintergründe. Sie lernte Solo-, Paar- und Gruppentänze unter anderem am Institut für Historischen Tanz in Berlin. Gemeinsam mit dem dort ansässigen Ensemble contretemps trat sie im vergangenen Jahr in der griechischen Hauptstadt Athen auf.

Die ausgebildete Tanzlehrerin, die in ihrem Lüneburger Studio Kinder und Erwachsene unter anderem in Ballett, Jazzdance, HipHop und Pilates unterrichtet, hat ihre Liebe zum historischen Tanz vor einigen Jahren auf einem Wochenendseminar in Paderborn entdeckt: "Danach wusste ich - das will ich machen." Das Spiel mit der Maskerade, die zeremonielle Höflichkeit und der Glanz der fernen Epoche fasziniert sie. "Die Musik, die Kostüme, das hat etwas Mehrdeutiges. Ich denke an das Buch "Gefährliche Liebschaften", an Intrigen und Bälle. Wenn ich mich der Musik hingebe und tanze, kann ich abschalten. Dann bin ich sehr weit weg vom Alltag."

Ihre aufwendigen Kostüme schneidert die die 32-jährige gebürtige Hamburgerin selbst. Wer sich auf die Kunst von Kostümschneidern verlässt, muss tief in die Tasche greifen. Mehrere tausend Euro kann ein Ballgewand für Damen kosten. Für die Verwandlung in eine Barocktänzerin benötigt Nina Stuwe eine Stunde. Erst dann sitzen das ausladende Kleid und die Perücke perfekt und das geschminkte Gesicht und die Perlen strahlen um die Wette.