Die Burg wurde geschliffen und auch den Berg selbst bauten die Einwohner der Stadt Jahrhunderte lang ab.

Lüneburg. Er ist etwa 56 Meter hoch und erhebt sich im westlichen Stadtgebiet von Lüneburg. Im Mittelalter war der Berg rund sechs Mal größer und auf seiner Kuppe erhob sich die mächtige "Hliuniburg", die Keimzelle der Stadt. Heute führen 105 Stufen hinauf. Von der Burg ist allerdings nichts mehr übrig.

"Dafür haben die Lüneburger selbst gesorgt", sagt Stadtführerin Sabine Büschelberger. "In der Ursulanacht am 2. Februar 1371 stürmten sie die Burg und eroberten das Machtzentrum Lüneburgs zurück." Damit sich auch ja kein weiterer Herzog dort niederlassen konnte, schliffen sie die Burg nieder, auch das wahrscheinlich in den Burgmauern gelegene Benediktinerkloster wurde abgerissen. Die Mönche siedelten in das Kloster St. Michaelis innerhalb der Stadtmauern um.

Sein "Gesicht" hat der Kalkberg, dessen Geschichte untrennbar mit der der reichen Salzstadt verbunden ist, in den vielen Jahrhunderten immer wieder verändert. "Erstmals erwähnt wurde der Berg in einer Urkunde von 956. Schon damals musste es eine burgähnliche Befestigung dort gegeben haben", so Büschelberger. Doch genaue Rückschlüsse seien schwer zu machen, denn es gebe keine Ausgrabungen. "Der Berg ist ja nicht mehr vollständig."

Nur noch ein Sechstel des vor rund 250 Millionen Jahren entstandenen Kalkberg ist übrig. Rolf Erbguth, Mitarbeiter im Naturmuseum mit Schwerpunkt Geologie: "Der Kalkberg ist eigentlich ein Gipshut, der in den Jahrmillionen mit dem Salzstock an die Erdoberfläche getragen wurde." Früher habe man jedoch nicht zwischen Kalk und Gips unterscheiden können, da sich beide Stoffe ähnlich verhalten. Rührt man sie mit Wasser an, haben sie mörtelähnliche Eigenschaften, die sich die Lüneburger beim Bau ihrer Häuser und Stadtmauern zu Nutze gemacht haben, so Erbguth.

Ein Relikt aus dieser Zeit, in der die Lüneburger fleißig den Berg abbauten, steht noch heute auf der Kuppe: ein Kanonenrohr. "Das es auf die Stadt gerichtet ist, hat einen guten Grund", sagt Sabine Büschelberger. "Kettensträflinge des nahe gelegenen Gefängnis Am Benedikt mussten zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert in den Steinbrüchen schuften. Wenn es einer der schweren Jungs mal schaffte, zu entkommen, wurde die Kalkbergkanone abgefeuert, um die Lüneburger zu warnen." Natürlich sei das nur mit Schwarzpulver passiert. Heute ruht das Kanonenrohr fest auf Ziegelsteinen, früher war es eine hölzerne Lafette.

Noch im Jahr 1920 wurden vier Kubikmeter Gips abgebaut, doch schon zwei Jahre später schloss man den letzten Steinbruch. 1932 setzte der damalige Lüneburger Baurat Eduard Schlöbke durch, den Rest des Kalkbergs zu einem der ersten Naturschutzgebiete Deutschlands zu erklären. Mehr als 300 Pflanzenarten, von denen über 50 auf der Roten Liste stehen, wachsen am Kalkberg, auch viele seltene Tiere haben hier ihren Lebensraum gefunden.