Matthias F.* als Bootsnarr zu bezeichnen, wäre noch eine echte Untertreibung. In jeder freien Minute schraubt und baut der 29-Jährige an Schiffen. Vor allem alte, reparaturbedürftige Modelle haben es ihm angetan.

Mittlerweile hat der Freizeitkapitän schon die dritte Bootsruine restauriert und wieder hergerichtet. Dass es für die Hochzeitsreise dieses Jahr an Bord eines Kreuzfahrtschiffes ging, versteht sich von selbst.

Doch nun muss sich der gebürtige Chemnitzer vor dem Amtsgericht Lüneburg wegen Diebstahls verantworten. Auf dem Boot seines Vereinskameraden Werner K. soll er zwei Plastikstühle mit blauen Bezügen, Messinstrumente aus Messing und eine Schalttafel ausgebaut und gestohlen haben. Matthias F. macht seinem Ärger im Gerichtssaal Luft. "Erst baue ich die Teile oben ab und dann klettere ich seelenruhig wieder runter, um mit den anderen im Hafen ein Bier zu trinken? Das ist doch vollkommen unlogisch." Nein, Belege für den Kauf der Bootsinstrumente könne er nicht vorlegen, weil alle Unterlagen leider Anfang des Jahres bei einem Hausbrand in Flammen aufgegangen seien.

Werner K.*, der vor Gericht als Zeuge aussagt, ist ein gemütlich wirkender Pensionär aus Bleckede. Zu dem Vorfall kann er nur wenig beisteuern, da er sich die meiste Zeit des Jahres in Spanien aufhält. Den Angeklagten hat er noch nie gesehen. "Ich schaue nur alle paar Monate mal nach meinem Kahn. Mir ist nichts aufgefallen."

Aufmerksam wurde er erst, als ihn ein Sportsfreund aus dem Bootsschuppen anrief und von einer verschwundenen Kabeltrommel erzählte. Später wurde sie angeblich neben dem Boot von Matthias F. gefunden. Als Werner K. daraufhin seinen norwegischen Netzausleger genauer untersuchte, fiel ihm auf, dass die Messinginstrumente und seine Schalttafel fehlten. "Richtig brutal rausgerissen alles", sagt der Lüneburger kopfschüttelnd.

Zu diesem Zeitpunkt lagerte das Boot von Matthias F. längst woanders. "Das Getriebe war im Eimer und damit die Saison sowieso gelaufen. Ich hab das Boot zu meinem Bruder geschafft und alles komplett ausgebaut." Mit Fotos und einem Katalog für Bootszubehör ausgerüstet, stürmt der Dahlenburger zum Richtertisch und redet sich in Rage. "Wegen der Vorwürfe wurde ich aus dem Vereins ausgeschlossen und musste von dem Gelände runter." Er habe die Teile, die bei ihm gefunden wurden, alle rechtmäßig erworben. "Überhaupt, das ist alles billige Massenware, die gibt es überall."

Werner K. nickt, die Instrumente, die ihm gestohlen wurden, sind gängige Modelle, die von den meisten Holzbootskippern verwendet werden. Besondere Merkmale hatten sie nicht. Und so endet die Verhandlung mit dem Freispruch des Angeklagten, weil - wie der Richter sagt - nicht zweifelsfrei bewiesen werden konnte, dass er der Dieb im Bootshaus gewesen sei.

* Namen von der Redaktion geändert