In Lüneburg gibt es drei Beratungsstellen - aber eine Therapie ist in der Hansestadt zurzeit nicht möglich.

Lüneburg. Christiane Paul tut es, Rapper Samy Deluxe und Anni Friesinger auch. Die Schauspielerin und Ärztin, der Rapper und die Eisschnellläuferin präsentieren sich zum Weltaidstag in einer bundesweiten Plakatkampagne mit der kleinen roten Schleife, die zum Symbol für die Solidarität mit Aidskranken und HIV-Infizierten geworden ist. Noch immer haben Forscher kein Heilmittel für die Krankheit entdeckt, an der seit ihrem Bekanntwerden fast 30 000 Menschen in der Bundesrepublik starben.

Momentan sind nach Angaben des Robert-Koch-Institutes etwa 67 000 Menschen in Deutschland von der Immunschwächekrankheit betroffen. Etwa 3000 stecken sich pro Jahr an, überwiegend durch ungeschützten Geschlechtsverkehr. Auch wenn die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen Jahren stabil geblieben ist, dürfen die Präventionsbemühungen nicht nachlassen, sagt Marita Völker-Albert, Sprecherin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Die Forscherin untersucht das Verhalten und die Einstellung vor allem junger Menschen zum Thema Sexualität und ist überzeugt, dass die Kampagnen Erfolg haben. Während 2004 nur etwa 74 Prozent der Befragten zu Beginn einer Beziehung Kondome verwendet haben, waren es im vergangenen Jahr bereits 81 Prozent.

Dass vor allem junge Menschen besonders häufig ungeschützt Sex haben, sei ein Vorurteil, betont Marita Völker-Albert und nennt Zahlen. "Die jungen Männer und Frauen zwischen 16 und 20 Jahren, die wir befragt haben, schützen sich heute zu 84 Prozent. Vor 15 Jahren waren es nur knapp die Hälfte." In Sachen safer Sex hätten die Jungen längst den Stand der Älteren erreicht. Der Verkauf von Kondomen habe in Deutschland im vergangenen Jahr eine neue Rekordmarke erreicht: 215 Millionen. Überhaupt sei das Verantwortungsbewusstsein sich und andere beim Geschlechtsverkehr zu schützen, gestiegen.

Statistisch betrachtet das größte Risiko sich mit dem Aids-Erreger zu infizieren, haben noch immer schwule Männer. Deshalb stapelt sich im Büro von Kristian Gerdsen Informationsmaterial. Der Leiter der Aidshilfe Lüneburg bekommt an seinem Standort, auf dem Campus der Universität, häufig Besuch. "Die meisten hatten ungeschützten Sex und machen sich danach Gedanken. Ich empfehle dann immer einen HIV-Test beim Gesundheitsamt. Der ist anonym und kostenlos und bringt Gewissheit."

Allerdings können die Antikörper gegen das Virus erst nach einigen Wochen sicher im Blut festgestellt werden.

Die Reaktionen Betroffener nach einem positiven Testergebnis sind sehr unterschiedlich, sagt Gerdsen. "Das müssen die meisten erst einmal sacken lassen, bevor sie sich über Selbsthilfegruppen informieren. Die Lust sich mit Betroffenen auszutauschen ist individuell sehr unterschiedlich." Da die Therapie eines HIV-Patienten kostenintensiv und aufwendig ist, leben die meisten der 4000 betroffenen Niedersachsen in größeren Städten, wo Krankenhäuser und Praxen speziell ausgestattet sind. In Lüneburg ist derzeit keine Therapie möglich.

Dass sich trotz der intensiven Aufklärungsarbeit dennoch mehrere tausend Menschen pro Jahr anstecken, erklärt Kristian Gerdsen so: "In der Öffentlichkeit hat HIV seinen Schrecken verloren. Es gibt heute Medikamente, die einem ganz gut helfen, damit zu leben. Die Ärzte sind heute in der Lage das Leben eines Menschen, der den Aids-Erreger im Blut hat, um 20, vielleicht 30 Jahre zu verlängern. Es gibt viele, die Krankheit und was sie mit sich bringt, verdrängen."

Auch Marita Völker-Albert vermutet, dass die medizinischen Erfolge bei der Behandlung manche offensichtlich zu einem stärkeren Risikoverhalten verleiten. "Dabei muss man ganz klar sagen, auch wenn der Ausbruch der Krankheit heute mit Medikamenten hinausgezögert werden kann, heilbar ist sie deswegen immer noch nicht."