Jacqueline Wolf hat Gänsehaut und ist schon ganz aufgeregt. Wie immer kurz vor dem alljährlichen Kulturfrühstück, das sie 1989 mit dem damaligen Oberbürgermeister Jens Schreiber und Oberstadtdirektor Reiner Faulhaber ins Leben gerufen hat.

Lüneburg. "Ich weiß vorher nie, wie viele Leute kommen, was sie mitbringen und ob das mitgebrachte Essen auch reicht", so die Ausländerbeauftragte der Stadt Lüneburg. Am kommenden Sonntag jährt sich das Kulturfrühstück nun zum 20. Mal.

Angefangen hatte alles mit dem Fall der Mauer. "Die Leute aus Ostdeutschland kamen nach Lüneburg, holten sich hier ihr Begrüßungsgeld ab und versuchten sich in unserer Stadt zu orientieren", erinnert sich Jacqueline Wolf. Gemeinsam mit Oberbürgermeister Jens Schreiber und Oberstadtdirektor Reiner Faulhaber entschied sie spontan, am Wochenende nach dem Fall der Mauer am 9. November 1999 die Gäste zu Kaffee und Kuchen ins Rathaus einzuladen.

Reiner Faulhaber rückblickend: "Wir wollten zeigen, dass wir eine offene und gastliche Stadt sind und öffneten das Rathaus für die Besucher. Für die Menschen aus dem Osten war das damals etwas ganz Besonderes, denn so was gab es da nicht." Oberbürgermeister Jens Schreiber organisierte über einen befreundeten Bäcker Unmengen von Blechkuchen. "Doch mit so vielen Menschen hatten wir nicht gerechnet", sagt der ehemalige Oberstadtdirektor.

Wochenlang, jeden Sonnabend, empfing Jacqueline Wolf die Besucher aus dem anderen Teil Deutschlands zu Kaffee und Butterkuchen. Auch die Ostdeutschen brachten selbst gebackenes Brot, selbst gemachte Butter und vieles mehr aus ihrer Heimat mit. Und es blieb nicht nur bei kulinarischen Schlemmereien. Wolf: "Leute aus dem Kongo, China, Vietnam und Kuba kamen ebenfalls aus der DDR zu uns und brachten ihre Kultur und Bräuche mit." Es wurde getanzt, gesungen und gelesen. "Es war einfach schön", schwärmt die Frau aus Venezuela, die seit 25 Jahren in Lüneburg lebt.

Doch irgendwann wurde das wöchentliche Kulturfrühstück zu viel. "Es kamen immer mehr Menschen. Da beschlossen wir, die Veranstaltung nur noch einmal im Jahr stattfinden zu lassen", so die Initiatorin. Das Lüneburger Rathaus als Veranstaltungsort ist für die 200 bis 300 Teilnehmer längst zu klein geworden. "Wir gingen erst ins Heine-Haus, dann wieder ins Rathaus. Fünf Jahre lang trafen wir uns im Glockenhaus und seit vier Jahren findet das Kulturfrühstück nun in der Ritterakademie statt", sagt Jacqueline Wolf. Im Vordergrund stehe längst nicht mehr das Treffen zwischen Ost und West. Viel mehr habe es sich zu einer Zusammenkunft aller in Lüneburg lebenden Kulturen gewandelt und aus dem Frühstück sei eine kulinarische Reise rund um den Erdball geworden. Was geblieben sei, ist die Tradition, dass jeder Besucher etwas zu dem "Frühstück" beisteuert.

In diesem Jahr, zum Jubiläum am Sonntag, 29. November, ab11.30 Uhr in der Ritterakademie Lüneburg sei das Programm etwas umfangreicher als sonst ausgefallen. Und wenn die quirlige Venezolanerin an Sonntag denkt, ist es gleich wieder da, das Gefühl der Vorfreude: "Hoffentlich kommen wieder viele. Und hoffentlich haben wir genug zu Essen und Platz für alle."