Der Platz im Zentrum der Innenstadt lag einst mehrere Meter tiefer. Mit der Zeit wurde immer mehr Erde aufgeschüttet.

Lüneburg. Er ist alt und viele überschritten seine Pflaster im Laufe der die Jahrhunderte. Sein Zustand gab dem Platz Am Sande seinen Namen. Doch was viele nicht wissen: Der Sand lag einst viel tiefer. "Rund zwei Meter", schätzt Stadtarchäologe Edgar Ring. "Der Platz wurde immer wieder mit Sand aufgefüllt, um Schlamm, tiefen Fahrrinnen und Schlaglöchern Herr zu werden. Mit den Jahrhunderten kamen viele Schichten Erde dazu und die Häuser schrumpften im gleichen Maße."

Besonders gut lässt sich dieser Schrumpfprozess noch an dem Haus erkennen, in dem heute die Helms-Apotheke untergebracht ist. Die so genannten "Beischlagwangen" rechts und links der Treppe waren ehemals doppelt so hoch. "Rund 3,80 Meter", so Ring. "Das Erdgeschoss vieler Häuser am Sande befand sich im so genannten Hochparterre, deshalb die hohe Treppe. Das Kellergeschoss lag fast ebenerdig. Hier verkauften Handwerker ihre Waren direkt vor den Türen und Fenstern." Am Haus der Helms-Apotheke seien diese heute zugemauert, aber noch zu erkennen.

Apotheker Rainer Helms weiß, dass um 1950 der Keller noch von einem Korbmacher genutzt wurde. "Es gibt alte Fotos, auf denen die Korbwaren draußen vor den Kellertüren aufgestellt zu sehen sind", so der Apotheker. "Ende der 70er-Jahre hat man das Haus restauriert und ein Fundament gelegt. Im Zuge dessen wurden dann auch die Kellertüren zugemauert." Heute nutzt Rainer Helms den Keller als Warenlager.

Schon im 14. Jahrhundert war der Sand bebaut und bereits ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt der noch jungen Stadt Lüneburg.

"Am Sande liefen die Wege zusammen", erklärt Edgar Ring. "Von hier aus kam man zum Hafen an die Ilmenau, zum Kalkberg, wo sich damals die mächtige Burg erhob, zur Saline und zu den Stadtausfahrten Rotes Tor im Süden und Bardowicker Tor im Norden." Es habe viele Herbergen und täglich viel Verkehr gegeben.

"Verdeckt", wie es oft heißt, sei der Sand aber nie gewesen. "Schon im 14. Jahrhundert gab es Entsorgungssysteme, deren Betrieb die Stadt sogar per Gesetz regelte", sagt Ring. "So hieß es zum Beispiel, dass der Mist nicht länger als drei Tage auf der Straße liegen durfte. Die Anlieger hatten die Straße zu reinigen."

Da kam viel zusammen, schätzt der Wissenschaftler. Denn eine Statistik aus dem Jahr 1757 besagt, dass in der Stadt Lüneburg neben den 9426 Einwohnern auch noch 100 Fuhrpferde, 208 Ochsen und Kühe, 295 Hammel und Schafe sowie 345 Schweine lebten. "Auf dem Platz war schon immer viel los - auch noch heute nach der Verkehrsberuhigung," so Edgar Ring. "Nur, dass der Sand heute nicht mehr ganz so sandig ist."