Bewohner beklagen schlechten Ruf ihres Stadtteils. Lüneburgs Osten hat die zweithöchste Kriminalitätsrate.

Lüneburg. Der Ruf des Lüneburger Stadtteils Kaltenmoor macht Herbert Brock Sorgen. "Immer wenn ich in Lüneburg erzähle, dass ich Bürgervertreter in Kaltenmoor bin, wird mir vorgehalten, hier gebe es so viel Kriminalität", sagte Brock beim Bürgerforum im ökumenischen Gemeindezentrum St. Stephanus. "Ich sage dann immer: Stimmt nicht, hier ist es auch nicht schlechter als anderswo."

Diese beiden Themen - die Kriminalität in Kaltenmoor und das daraus erwachsende schlechte Image des Quartiers - liegen den Einwohnern im Gespräch mit Oberbürgermeister Ulrich Mädge und Lüneburgs Polizeidirektor Hans-Jürgen Felgentreu besonders am Herzen.

"Was die Anzahl von Straftaten angeht, ist Kaltenmoor tatsächlich der am zweitstärksten belastete Lüneburger Stadtteil", sagt Lüneburgs Polizeidirektor Hans-Jürgen Felgentreu. Diese Zahl allein sei jedoch wenig aussagekräftig: "Immerhin leben in Kaltenmoor ja auch 9000 Menschen." Deshalb ermittelt die Polizei für jeden Stadtteil auch sogenannte Häufigkeitszahlen - der Quotient aus Einwohnerzahl und Summe der Straftaten. "Da haben wir in Lüneburg Zahlen von 1,7 bis 47. Kaltenmoor liegt bei 12,5." Das zeige eindeutig: "Kaltenmoor ist nicht unsicher, sondern liegt im Lüneburger Durchschnitt."

Im Zusammenhang mit Kriminalität war der Stadtteil zuletzt wegen eines Polizeieinsatzes in einem Fitnessstudio in die Schlagzeilen geraten. Im Juli dieses Jahres hatte es Tumulte gegeben, als die Polizei mehrere eines Diebstahls verdächtige Personen in einem Fitnessstudio aufgespürt hatte. Nach Polizeiangaben griffen mehrere Bodybuilder die Beamten an, woraufhin das Gebäude von mehr als 50 Einsatzkräften umstellt und gestürmt wurde. Dabei kam es zu weiteren Angriffen auf Polizeibeamte. "Es wird in Lüneburg keine rechtsfreien Räume geben, in die sich Menschen zurückziehen können, nachdem sie eine Straftat begangen haben", sagt Felgentreu. "Auch dann nicht, wenn sie selbst massiv gegen Polizeibeamte vorgehen."

Rund 40 Jugendliche hätten sich in der Folge dieses Szenarios die Straftäter offenbar zum Vorbild genommen und seien gegenüber Bürgern und der Polizei extrem aggressiv aufgetreten. "Das war wie eine Welle und ging durch alle Schichten", sagt Felgentreu. "Da haben wir nicht lange zugeschaut, sondern zusätzliche Beamte hierher verlagert." Mit mäßigem Erfolg: Entstanden ist eine aggressive Stimmung mit klaren Konfrontationslinien. "Das ging so nicht weiter", sagt Felgentreu. "Ich kann ja auch nicht jeden Abend 20 zusätzliche Beamte durch Kaltenmoor fahren lassen."

Stattdessen stellte die Polizei zweimal einen Einsatzcontainer auf. "Nach anfänglichen Anfeindungen siegte offenbar die Neugierde - nach dem Motto: Was wollen die von uns? So kamen wir tatsächlich ins Gespräch." Das habe das Eis gebrochen, sagt Felgentreu. "Das merken auch die Mitarbeiter im täglichen Dienst: Die Spannung ist raus, die Lage in Kaltenmoor hat sich gerade in dieser Situation deutlich erholt und entspannt." Zumal die aggressive Stimmung ja allein von diesen 40 Jugendlichen ausgegangen sei. Und nicht von den 8950 anderen Einwohnern Kaltenmoors.