In der Villa wurde Geschichte geschrieben - unter anderem die Kapitulation Hamburgs. Archivmaterial reicht.

Lüneburg. Das Waldhaus in Häcklingen behält seinen Denkmalstatus. Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege hat den Antrag einer Lüneburger Anwaltskanzlei abgelehnt, die Ausweisung der sogenannten Möllering-Villa als Kulturdenkmal zurückzunehmen. Sie sei das einzig verbliebene bauliche Dokument des "dramatischen historischen Geschehens" rund um die Teilkapitulation am 3. und 4. Mai 1945, so die Begründung des Denkmalamts.

An diesen Tagen begann in Lüneburg das Ende des Zweiten Weltkriegs, erklärt Dr. Klaus Püttmann, Oberkonservator beim Denkmalamt in Lüneburg. Denn in dieser Zeit kapitulierten Hamburg und die nordwestdeutschen Truppen. Und bei diesen Kapitulationen spielte die Villa in Häcklingen laut Püttmann eine bedeutende Rolle.

"Die Abläufe dieser dramatischen und zum Teil parallel ablaufenden Ereignisse sind durch Archivmaterial gut dokumentiert", sagt Püttmann. Die Dokumente, die der Lüneburger Historiker Dr. Rainer Sabelleck wie berichtet dem Amt zusätzlich geliefert hat, zeigten von den Geschehnissen "ein noch genaueres Bild als bisher". Sabelleck hatte englische Kriegstagebücher und eine Zeichnung des Hauses aus der Feder eines Engländers bei Püttmann vorgestellt.

"Nachgewiesen ist, dass am 4. Mai 1945 der Hamburger Kampfkommandant Wolz in die Villa kam und dort die Kapitulation Hamburgs erst verhandelt und dann unterzeichnet wurde", sagt der Oberkonservator des Lüneburger Amts - die erste auf deutschem Boden. "Außerdem hielt der britische Oberbefehlshaber Montgomery das Hauptquartier seines Stabs in der Villa. Lediglich sein taktisches Hauptquartier lag auf dem Timeloberg." Damit sei die Villa ein "wesentlicher Ort" historischen Geschehens.

Die Zeichnung des Briten belege zudem, dass die Villa bereits von den Zeitgenossen als "historischer Ort rezipiert" worden sei. Außerdem sei sie die "einzige architektonische Hinterlassenschaft, die diesen besonderen Moment der Geschichte bewahrt".

Ihre Erhaltung ist laut Püttmann daher wichtig für die Volksbildung - und das gehört laut Kommentar zum Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz zu den Funktionen eines Denkmals. Püttmann: "Dort können Lehrer ihren Schülern zeigen: Hinter diesem Fenster haben die Verhandlungen zur Kapitulation Hamburgs stattgefunden." Auf dem Timeloberg dagegen sei schließlich nicht mehr zu sehen als ein paar Kiefern. Für die Anwohner habe das Haus längst Denkmalcharakter.

Die Entscheidung des Niedersächsischen Landesamts und seine Einschätzung der historischen Bedeutung des Hauses dürfte Dr. Rainer Sabelleck nicht nur Auftrieb für sein Vorhaben einer Gedenkstätte liefern, sondern auch für Ruhe an einer juristischer Front sorgen: Lüneburgs Erster Stadtrat Peter Koch hatte den Historiker in einem Schreiben aufgefordert, nicht weiter zu behaupten, der Krieg sei 1945 "vom Waldhaus Häcklingen ausgehend" zu Ende gegangen. Richtig sei, nur der Befehlshaber der britischen 3. Armee habe dort sein Hauptquartier gehabt, nicht aber Montgomery. "Das relativiert die von Ihnen angenommene geschichtliche Bedeutung des Waldhauses", hatte Koch im August geschrieben. Die geschichtliche Bedeutung des Hauses bewertet das Landesdenkmalamt nun aber deutlich anders.